Kinder d
er Sonne
Luk Perceval
Katrin Brack
Ursula Renzenbrink
Beate Heine
Marina Galic (Melanija, Schwester von Tschepurnoj)
Christina Geiße (Olga, Frau von Kirill)
Lisa Hagmeister (Julija, Frau von Jegor)
Jens Harzer (Pawel Fjodorowitsch Protassow)
Hans Kremer (Dimitrij Sergejewitsch Tschepurnoj)
Josef Ostendorf (Jegor)
Nadja Schönfeldt (Fima, Zimmermädchen)
André Szymanski (Boris Nikolajewitsch Wagin)
Oda Thormeyer (Jelena Nikolajewna, Frau von Protassow )
Marina Wandruszka (Antonowna, Kinderfrau)
Tilo Werner (Kirill, ein Arzt)
Sebastian Zimmler (Mischa)
Patrycia Ziolkowska (Lisa, Schwester von Protassow)
Leben auf Pump. Es sind privilegierte Menschen, Künstler, Wissenschaftler, Intellektuelle, die im Hause des Biochemikers Protassow an dem Bild einer heiteren, strahlenden Zukunft basteln, während draußen die Cholera wütet. Protassow hat für seine wissenschaftlichen Forschungen sein Vermögen aufgebraucht und sich der Aufgabe verschrieben, einen glücklichen, edlen Menschen zu erschaffen. Dabei nimmt er die Ereignisse, die um ihn herum geschehen, kaum wahr. In seinem Haus leben aufgeklärte Menschen, mehr oder weniger vernünftig, aber auch sie haben sich durch ihre Ignoranz der profanen Außenwelt gegenüber isoliert. Es ist eine geschlossene Gesellschaft, die sich schützt gegen Gewalt, Not und Elend, die draußen herrschen. Hier verschließt eine bürgerliche Mittelschicht, die auf Pump lebt, aber das im großen Stil, die Augen vor dem Unvermeidlichen, vor der trivialen, unperfekten, allzu menschlichen Wirklichkeit. Doch diese realen wie auch imaginären Mauern, die sie um sich errichtet hat, werden, wie die Geschichte bald darauf gezeigt hat, zum Einsturz gebracht.
„Eine kranke Gesellschaft kann erst dann gesunden, wenn die Quellen des Lichts, der Schönheit und des Wissens allen zugänglich sind“, kommentierte der Dichter sein Drama. Maxim Gorki schrieb „Kinder der Sonne“, als er in der Peter-und-Paul-Festung nach dem Arbeiteraufstand im Januar 1905 inhaftiert war, da er als Aufwiegler verdächtigt wurde. Gorki beschreibt das Versagen der Intelligenzia, die Arbeiter und Bauern müssen sich den Zugang zu Kunst und Wissenschaft selbst erkämpfen.
Premiere 24. März 2010, Thalia Theater
„Diesmal verschafft der Regisseur Luk Perceval Gorkis Drama über Mitglieder einer dekadenten Bürgerepoche neue Energien und macht es für uns, die wir heute nicht mehr ähnlich intensiv von besseren Zeiten träumen wie die Menschen damals, verständlich, nachvollziehbar, modern und unterhaltsam. Perceval hat sein 13-köpfiges Ensemble zur Premiere am Thalia-Theater in eine Art Selbsthilfegruppe für Sinnsucher verlegt. Da treffen der naiv menschenfreundliche Wissenschaftler Pawel (Jens Harzer) und seine Frau Jelena (Oda Thormeyer) auf lauter Menschen, die von schönen Gedanken leben und sich an Worten berauschen. "Das Ziel unseres Lebens ist, dass die Menschheit sich entwickelt", verkündet Pawel. Sie sitzen auf einem Tapeziertisch (Bühne: Katrin Brack), hinter ihnen schimpft eine alte, ehemalige Hausangestellte (Marina Wandruszka) über die modernen Zeiten und malt kindliche Landschaften auf eine rotierende Leinwand. Russland ist nur noch eine Illustration. Diese Leute - Egoisten, Zyniker, Gescheiterte - schütten ihre Sehnsüchte voreinander aus, legen ihre Defekte bloß. Meist dreht es sich um Beziehungsprobleme, Affären, die nicht klappen, unausgelebte Liebschaften, brutale Realitäten. So oder so ähnlich könnte sich das Ganze auch in einer bürgerlichen Hamburger Wohnküche abspielen.“ - Hamburger Abendblatt
„Eine Liebeserklärung zum Auflachen. (...) Einen unterhaltsamen, traurigkomischen Abend hat Perceval da gebaut. Einen, der mit durchweg guten Schauspielern von Menschen und ihren Sehnsüchten erzählt, von ihren Masken, Versteckspielen und seltsamen Träumen. Jens Harzers Pawel blinzelt dann und wann verträumt hinter seiner Hornbrille hervor, Hans Kremer klemmt seine Hände in den Hosentaschen fest, bevor er in der Rolle des Malers Dimitri Pawels Frau Jelena (Oda Thormeyer) seine Liebe erklärt – doch diese lacht auf. Sie lacht herzhaft, aber nicht laut genug: Denn auch unter ihrem Lachen schimmert tiefe Traurigkeit.“ - nachtkritik.de
10. Oktober 2010
Baltic House Festival, St. Petersburg, Russland