Nathan
der We
ise
Nicolas Stemann
Katrin Nottrodt
Marysol del Castillo
Benjamin von Blomberg
Claudia Lehmann
„Nun wessen Treu und Glauben zieht man denn / am wenigsten in Zweifel? Doch der Seinen? (…) Doch deren, die uns nie getäuscht, als wo / getäuscht zu werden uns heilsamer war?“ Gotthold Ephraim Lessing
Es brennt. Schon einmal hatte es gebrannt. Nathans Frau und die gemeinsamen Söhne sterben in den Flammen. Nur Nathan überlebt. Er scheint verdammt, weiterzuleben, auch wenn das „nackte Nichts“ an die Stelle tritt, wo ehemals sich Sinn ereignete. Aber Lessing lässt Nathan sich das Leben zurückerobern – Lessing widmet diesem Kampf um Wiedererlangung der Würde, um Wiedererlangung des Glaubens an den Menschen sein Stück.
Ziehtochter Recha ist hierzu Nathans Heilsweg. Denn das ist das Unfassbare: Nathan wird sich einer Christin annehmen, auch wenn Christen es waren, die seine Familie, den Sinn, am Leben zu sein, auslöschten. Nathan wird die junge Recha aufziehen, als wäre es die eigene Tochter. Durch sie wird die Wahrscheinlichkeit Nathan erst zur Wirklichkeit Nathan. In Recha überwindet er das, wie es scheint, Unüberwindliche: dass die Geschichte stets wiederkehrt, dass Gleiches sich stets mit Gleichem vergilt. Nathan setzt eine Metaphysik der aufgeklärten Selbstüberwindung gegen die nackte Physik der Selbstbehauptung und das in Zeiten, da Kreuzzüge Häuser wieder abbrennen. Da ein Sultan Tempelherren hinrichten lässt, und Tempelherren Waffenruhen brechen. Nathan gibt ein Versprechen: dass der Mensch in Würde frei sein kann, frei von jeder diesseitigen wie jenseitigen Bevormundung, befreit von jeder Abhängigkeit, frei aus sich selbst heraus. Dass der eine und der ganz andere sie selbst, und sie beide darin grundverschieden sein können und doch eines beide zusammenhält: ein Mensch zu sein. Es ist ein Versprechen. Und ist auch ein unmissverständlicher Anspruch: die Erziehung eines Menschengeschlechtes.
In Zusammenarbeit mit dem Schauspiel Köln.
Premiere 3. Oktober 2009, Thalia Theater
„Höhnische Satire über das Scheitern jeder Utopie. Nicolas Stemanns beeindruckende Inszenierung konfrontiert den Klassiker mit einem Text von Elfriede Jelinek: Geld, Gier und Religion sind die Themen.“ - Hamburger Abendblatt
„(...) die 120 pausenlosen Minuten gerieten hinreißend. Nicolas Stemann (…) gab dem Abend Struktur, Melodie und Rhythmus, hat ihn buchstäblich durchkomponiert. Die szenischen Mittel setzte er ebenso klug wie sparsam ein: In der bewussten Beschränkung liegt die Fülle.“ - Die Welt
„Stemann und Jelinek lenken den Blick aber vor allem auf die Verdrängungsleistung, die es braucht, um Lessings Appell seine Leuchtkraft zu erhalten. Dieser lessingsche/jelineksche „Nathan“ ist kein appellierendes Rührstück über die Vernunft des Glaubens, sondern eine Denkherausforderung, die nur auf den ersten Blick ohne Theater auszukommen scheint, dann aber doch mit ihm fasziniert.“ - Salzburger Nachrichten
24. und 25. Oktober 2010
Deutsches Theater Berlin