Rezensi
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rei Schwestern

Schulbotschafterinnen und Schulbotschafter verfassen regelmäßig Rezensionen

Drei Schwestern von Anton Tschechow Regie Anne Lenk

 

Was macht man, wenn man alles hat und scheinbar sorglos sein Leben genießen kann? Richtig, leiden!

„Drei Schwestern“ zeigt die stetige Suche nach dem Sinn des Lebens. Hat das Leben überhaupt einen Sinn? Wie sieht der Weg zum Glück aus? Liegt die Formel zur Freude darin, die Liebe seines Lebens zu heiraten? Oder ist in einer sich ständig verändernden Welt selbst die Liebe nicht stark genug? Die Älteste leidet wegen ihres Berufes, die Zweite wegen ihrer Ehe und die Jüngste wegen der Sinnlosigkeit ihres Lebens. Zudem gibt es einen Bruder der mit seiner Rolle als Hausherr, Ehemann, Vater und Teil der Gesellschaft vollkommen überfordert ist. Eine unglückliche Familie, die sorgenfrei leben kann. Wer keine Probleme hat, der macht sich welche.

Die Inszenierung von "Die drei Schwestern" hat mich durch das wirklich gut umgesetzte Bühnenbild und Kostümierung in die Vorstellung gelockt. Inspiriert durch Monets „Seerosen“ bemalt der Bruder das gesamte Haus mehr schlecht als recht. Die Innovation Monets steht stark im Kontrast zum Wunsch der Figuren: wir wollen keine Veränderungen. Die Welt rennt. Worauf soll man sich konzentrieren? Muss man an allem teilnehmen, voll informiert sein und mitrennen? Die Inszenierung zeigt den schmalen Grat aus eigener Unsicherheit und aktuell allgegenwärtigen, gesellschaftlichen Zukunftsängsten.

Es ist wichtig, sich darauf einzustellen, dass keine Action oder dramatische Wendungen zu erwarten sind. Stattdessen werden die Zuschauenden in eine Welt der subtilen zwischenmenschlichen Beziehungen eingeführt. Das Stück ist überraschend gesellschaftskritisch und philosophisch. Es erfordert ein gewisses Maß an Geduld und Aufmerksamkeit seitens des Publikums, um die tiefere Bedeutung der Dialoge und Gesten zu erfassen. Die zum Ende hin immer länger werdenden zweieinhalb Stunden wirken zwischenzeitig zu lang. Doch entfaltet die Inszenierung in der Gesamtheit ihre Stärke und ist in diesem Aspekt für Theater-Anfänger:innen nicht zu empfehlen, ist aber eine starke Umsetzung für Personen, die sich wirklich die Zeit nehmen, in diesen Raum einzutreten.

 

Ronja Hars, Jg 13 Erich Kästner Stadtteilschule