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phigenia

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Iphigenia von Joanna Bednarczyk Regie Ewelina Marciniak

 

Jeder ist sich selbst der Nächste, dies gilt auch für den Ethikprofessor Agamemnon und alle zahlen ihren Preis, außer ihm und Menelaos, seinem pädophilen Bruder. „Iphigenia“ am Thalia Theater Hamburg, unter der Regie von Ewelina Marciniak, spielt im 21. Jahrhundert in einer deutschen Stadt und erzählt von den Abgründen einer Akademikerfamilie.

Agamemnon (Sebastian Zimmler) steht vor der Veröffentlichung seines Buches über die Psychologie und Ethik des familiären Missbrauchs und deren fatalen Folgen. Wie durch einen göttlichen Witz, wurde Iphigenia (Oda Thormeyer; Rosa Thormeyer) von ihrem Onkel Menelaos (Stefan Stern) missbraucht. Infolge der Entscheidung Agamemnons für seinen Bruder und seine Karriere zerbricht Iphigenia völlig und schweigt. Ihre Mutter Klytaimestra (Christiane von Poelnitz), entschied sich schon beim Missbrauch an ihr durch Agamemnon für das Schweigen und verwandelt sich aufgrund ihres Traumas in ein Wesen, das ihren Sohn Orestes (Jirka Zett), welcher schon durch seinen Vater und dessen Verhalten traumatisiert ist, in den Wahnsinn foltert, weswegen dieser sie ermordet.

Das Ende zeigt nicht nur eine wirklich gute Schauspielleistung, sondern ist auch aufgrund des brennenden Konzertflügels und Nebels visuell überwältigend. Im Besonderen ist der Umbau des wohnzimmerartigen Bühnenbilds des ersten Aktes hin zum maritimen Ambiente des zweiten, welcher durch einen interessanten, wenn auch moralischen Holzhammer darstellenden Monolog begleitet wird, eine Erwähnung wert. Eine der absoluten Stärken dieser Interpretation ist die Textarbeit, so fühlen sich die Zitate aus den Vorlagen und der Monolog Agamemnons, über die Opferung Isaaks durch Abraham zu Beginn, weder hölzern noch gezogen an und bilden mit den zeitgemäßen Textstellen eine hervorragende Symbiose.

„Iphigenia“ ist eine wirklich gelungene Erzählung, welche sich den antiken Vorlagen geschickt bedient, um ein aktuelles Thema aufzuarbeiten. Trotz oder genau wegen des durchaus vorhandenen moralinsauren Holzhammers ist das Stück auch für Personen geeignet, welche sich nur peripher mit der Thematik auseinandergesetzt haben und es ist weitaus mehr als solides Theater.   

 

Julius Leonel Himstedt, Stadtteilschule Blankenese, Jg 13