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Für einige wenige Aufführungen kann man die Neuinszenierung des gleichnamigen Stückes des Dramatikers Moliére, unter der Regie von Leander Haußmann im Thalia Theater bewundern.

Der reiche Harpagon bestreitet aus Geiz sogar vor seinen Kindern, dass er vermögend ist. Sein Geiz geht so weit, dass er seine Kinder, den Sohn Cléante und die Tochter Élise, gegen jegliche Vernunft mit wohlhabenden Witwen und Witwern verheiraten möchte. Für sich selbst, so entscheidet er, nimmt er sich die arme, aber schöne Mariane zur Frau. Nicht wissend, dass Cléante und Mariane bereits ein Liebespaar sind. Und auch Elise ist bereits verliebt in Valére, der sich als Diener des Harpagon ausgibt, nur um in der Nähe von Elise zu sein. Das Spiel aus Lügen, Furcht und Liebe ist somit perfekt, um den Geizigen zur Vernunft zu bewegen.


Auch die Inszenierung des Thalia Theaters trieft vor „Geiz“. Die acht Ensemble-Mitglieder sind anfänglich sehr schlicht kostümiert und auch das Bühnenbild hätte nicht sparsamer sein können. Aber mehr braucht es nicht, um in geballten zweieinhalb Stunden ein Meisterwerk der Unterhaltung zu präsentieren. Überschäumend von großer Liebe und Humor, der einem so unerwartet begegnet, dass es fast albern wirkt. Das trifft auf rohe, klar formulierte Realität. Im ersten Moment heult der Saal vor Lachen, im nächsten verstummt er aufgrund der Gewichtung des Gesprochenem. Trotz der Albernheiten geht die Ernsthaftigkeit des eigentlichen Themas nicht verloren. Ein Thema das zu Zeiten Molières, wie auch heute, einen wichtigen Stellenwert einnimmt. Das Geld, das einen dazu verleitet jegliche Vernunft, alle Hemmungen und das zu vergessen, was wirklich wichtig ist. Sodass man am Ende ganz alleine ist, mit all seinem Geld.
Mein großes Lob geht an die Schauspieler:innen, die es geschafft haben, mich die Zeit komplett vergessen zu lassen. Zweieinhalb Stunden auf der großen Bühne, non stop, mit Texten, bei denen sich wohl jeder auf die Zunge beißen würde. Besonders in dieser Geschwindigkeit, ist das, wie ich finde, eine beachtliche Leistung. Natürlich rutscht mal an "Fehler" dazwischen, oder es wird ein Satz vergessen, aber das Publikum hat es nicht bemerkt. Worauf ich hinaus will: das ist genau das, was gutes Theater für mich ausmacht. Das Gelingen aus dem nicht Perfekten etwas so Perfektes zu schaffen.

 

Ich hatte große Freude und empfehle jedem diese Umsetzung in gewohnter Thalia Qualität, nicht zu verpassen.


Ronja Hars, Erich-Kästner-Stadtteilschule (17 Jahre, Vorstellung vom 09.10.2021)


Der Geizige

"Madrid oder Neapel, Hauptsache Spanien" ist ein Paradebeispiel des humorvollen Brechens der vierten Wand, welches in "Der Geizige" (Molière) am Thalia Theater unter der Regie von Leander Haußmann sehr präsent ist. Dabei ist die Aussage im Gegensatz zum Referierten, inhaltlich richtig, da Neapel zur Molière´s Zeiten vom König von Spanien beherrscht wurde.

 

Die Handlung des Geizigen ist schnell erzählt: Harpagon (JENS HARZER) entspricht dem Idealtypus eines Geizhalses und schlechten Vaters, sein Sohn Cléanthe (Steffen Siegmund) muss sich verschulden um einen seinem Stand angemessen Lebensstil zu führen und dessen Schwester Élise leidet ebenfalls unter der allumfassenden Wut und Paranoia ihres Vaters.
Diese weder stabile noch gesunde Situation wird nun durch die Heiratspläne der Familie unter Spannung gesetzt. Kurzum: Élise soll den Adligen Anselme heiraten, liebt aber einen Diener ihrer Familie, namens Valères. Cléanthe liebt Mariane, welche aber auch das ,,Heiratsziel´´ von Harpagon ist. Die Situation wird auch dadurch weiter verschärft, dass Cléanthe sich zu unmenschlichen Konditionen Geld leihen muss und feststellt, dass sein Vater Harpagon der Wucherer ist. Infolgedessen versuchen die Geschwister, die Heiratspläne Harpagons während eines Essens zu sabotieren. Auch verschwindet die Goldschatulle des Geizigen, weshalb die Polizei auf Valères aufmerksam wird. Im letzten Akt taucht nicht nur die Geldschatulle wieder auf, sondern es stellt sich heraus, dass Valères und Mariane die Kinder des neapolitanischen Adligen Anselme sind.

 

Diese Inszenierung ist in ihrem Bühnenbild postmodern, bis zum letzten Akt ist die Bühne eine schwarze Leere mit minimalen Requisiten, während der letzte Akt ein riesiges Schloss mitsamt Treppe zeigt. Die Kostüme sind den Charakteren entsprechend gestaltet und kehren das Innere nach außen, was dem Geizigen das Erscheinungsbild eines verwahrlosten Alten gibt. Der Text und das Spiel regt sehr zum Lachen an, was auch die Schauspieler selbst nicht verstecken können. Allerdings hat die Inszenierung auch einige Längen.

 

Der Geizige eignet sich vor allem für Genießer der postmodernen Inszenierung von frühbarocken Stücken. Auch bietet diese Inszenierung die Möglichkeit, Molière zum ersten Mal zu erfahren, sodass es sich gut für Familien eignet.   

 

Julius Himstedt, 20 Jahre, STS Blankenese