AUF DER BÜ
HNE ZUR RED
E GESTELLT

Brecht als Spielfigur in Antú Romero Nunes Inszenierung Die Dreigroschenoper

Auf der Bühne zur Rede gestellt: das epische Theater
Brecht als Spielfigur in Antú Romero Nunes Inszenierung Die Dreigroschenoper

 

April 2015. Die Theaterleitung hat beschlossen, Brecht zu spielen! Brecht sei wichtig.           
Ensembleversammlung:
»Wir wollen Brecht spielen!«      
»Wie bitte?«
»Brecht ist wichtig.«          
Die Theaterleitung will Brecht spielen, nicht die Schauspieler.      
»Wieso wichtig, das ist doch ein alter Hut! Der Brecht ist nicht mehr gut. Nicht für dieses Theaterleben: a) vor allem seine Erben, die sind scheiße,[1] b) Baal-Verbot[2] in München, Residenztheater 2015 und c) Castorf. ABC!«        
»ABCD! A) Also. B) Bertolt Brecht. BB. Blockbuster. C) Castorf, das muss man differenziert betrachten. D) Es geht konkret um die Dreigroschenoper. «         
»Wie bitte, Musical? Komplette Affirmation. Dreigroschenfieber in der Musicalhochburg Hamburg! Premierengäste: Männer mit Nadelstreifenanzug und Frauen tragen Hochhack. Erotische Verfolgungsoffensiven im Foyer. Eine Persiflage des ›kritischen Bewusstseins‹: Und der Haifisch der hat dritte Zähne und schlürft Champagner. Vergnügen schadet nicht! Harharhar!«    
Leichtes Verzögern im Vorgang der Verlachung: »Har-Har.« Ein kleiner Zweifel: »Har. Also. Ehm. Die Songs sind gut! Sagen auch die Jungs. Die Jungs vom Pudelclub. Die Goldies.«

 

Gemeint ist die Punkband Die Goldenen Zitronen mit ihrem Sänger Schorsch Kamerun, die haben mal von Brecht ein Gedicht elektropopmäßig vertont,[3] aus den Hollywood-Elegien:  »Jeden Morgen, mein Brot zu verdienen / Gehe ich auf den Markt, wo Lügen gekauft werden.«

Party und Pose     
»Soll das heißen, Brecht war ein guter Mann?«        
Brecht war Kommunist! Ein Kommunist in Hollywood! Er wurde gejagt und befragt vom Kommunisten-Jäger Nr.1 Joseph McCarthy:[4]
»Have you ever been a member of a communist party?«     
»I never was a member of a communist party.«          
Bört: Party?  
»(You Gotta) Fight for Your Right (to Party!)«[5]
Beastie Boys!          
Oder eher Take That und Robbie Williams singt:       
»I Will Talk and Hollywood Will Listen«[6]           
Mack the Knife! Mackie is back in town:           
»Some people sitting in the darkness, watching other people sitting in the light«[7]        
Die Theatersituation. Klassisch. Einer steht im Licht und die anderen im Dunkeln schauen zu.      
Vielleicht in dieser typischen Robbie Williams-Pose:
»I’ve smoked too many cigarettes. I’ve had more blondes than brunettes.«[8]
Zu viele Zigaretten, mehr Blondinen als Brünette. Texte zwischen Ironie, Größenwahn und Bekenntnissen, Robbie, ein absoluter Super-Poser, wie Bört:

Ich, Bertolt Brecht,         
bin aus den schwarzen Wäldern, […]          
in die Asphaltstädte verschlagen[9]

Pause. Pose. Ein Blick. Brecht sitzend am Klavier in seiner Atelierwohnung Spichernstraße 16 in Berlin. Zigarre zwischen den Zähnen. Schnittige Frisur: Mackie-Schnitt. Bert-Brecht-Branding. Zu sehen auf dem Cover von Jan Knopfs Biographie Lebenskunst in finsteren Zeiten.[10]
Großartig! Ganz nah dran an Brecht!    
Er hat ein Gesicht! Der Bert. Eine Zigarre im Gesicht.           
Und Text:

Ihr kennt den wissensdurstigen Brecht       
Ihr sangt ihn allesamt!  
Dann hat er euch zu oft gefragt         
Woher der Reichen Reichtum stammt         
Da habt ihr ihn jäh aus dem Land gejagt.[11]

Und dann wurden die Lieder von Brecht und Weill über die Zeiten hinweg gesungen, die Songs von Mackie Messer, Peachum oder Polly und der Seeräuber-Jenny, interpretiert von Frank Sinatra, Nina Simone und Hildegard Knef, von David Bowie, Lou Reed und Marianne Faithfull: explizit gesellschaftskritische Popmusik, erfunden 1928.[12]

»Das ist wahnsinnig clevere Musik, die Kurt Weill da geschrieben hat«, sagt Micha Acher von der Independent-Combo The Notwist. »Das Schrille ist […] schon hineinkomponiert, so dass man sich als Zuschauer nie so ganz gemütlich zurücklehnen kann.«[13]  
Jazz und Blues mit Jahrmarktsgedudel, Salonorchesteranklängen, schlagernder Melodik.

Das sind Folksongs, aber »aus einem anderen Faß«[14], sagt Bob Dylan. »Jeder Satz springt einen aus drei Meter Höhe an und huscht über die Straße, und gleich erwischt einen der nächste wie ein Kinnhaken.«[15]

 

Konstruktion

Die Erben Kurt Weills und des Dramatikers Bert Brecht sorgen akribisch dafür, dass deren Werke streng nach dem Notenbuch aufgeführt werden.       
»Wieweit kann man sich davon entfernen?«  
»Eigentlich gar nicht. Jeder Ton ist so zu spielen, wie er auf dem Papier steht.
Anfangs ist das irritierend. Aber vielleicht auch eine Chance.«     
»Wie das?«
»Mal angenommen, jede Note, jeder Akkord, jede Strophe macht genau so Sinn, wie sie geschrieben sind. Für die Interpretation der Musik hat Weill genug Spielraum gelassen, dass wir da unser eigenes Ding formen können.«     
»Aber der Brecht-Text? Der mufft doch.«         
Inszenierungen von der Dreigroschenoper haben oft die Anmutung einer Oldie-Hitparade oder der Tour einer großen gealterten Rockband als Schausteller ihres eigenen Gewerbes durch die Provinz. Okay, von mir aus im Idealfall Rolling Stones, oder eben doch nur Guns N' Roses, nur noch Karikatur.     
Da sind dann ehemalige Großschauspieler zusammengecastet, die aus dem Betrieb ausgestiegen sind, weil, wie sie sagen, Regisseure »Stücke fragmentieren und zerstören« würden. Und dann verkünden diese Großschauspieler in Interviews,[16] dass alles, was ihnen wertvoll war, im Theater nicht mehr möglich ist, weil Figuren und Autoren nicht mehr ernst genommen werden.

 

Kann man Die Dreigroschenoper noch ernsthaft spielen? Also eigentlich als Demonstration des epischen Theaters? Oder kommt jetzt wieder Ulrich Tukur um die Ecke, setzt sich ans Klavier und gibt den Mackie Messer im Nadelstreifenanzug? Oder noch schlimmer »die tote Hose« Campino.[17] Aua. Die haben doch ihr gutes Auskommen gefunden: Ein verbeamteter Fernsehgebührendarsteller und ein Fußballstadionbespaßer.

 

»Mal ganz kurz, was ist nochmal der Brecht’sche V-Effekt, was ist episches Theater?«

 

Lange Zeit wurde in der Theorie vor allem zwischen psychologischem Theater und gesellschaftskritischem Verfremdungstheater differenziert. Ganz vereinfacht zwischen der Methode von Konstantin S. Stanislawski und Bertolt Brecht. Heute existieren viele Spielweisen nebeneinander. Außerdem hat sich die Darstellungsweise insgesamt minimalisiert. Man spielt nicht mehr mit so einem ausladenden Gestus und einer Rezitationskunst wie vor dreißig Jahren. Es wird heute viel mit filmischen Mitteln auf dem Theater gearbeitet, der Sprachgestus ist schneller, alltäglicher und direkter geworden. Im episch-dramatischen Theater ist der Schauspieler nicht nur Figur, sondern zugleich Beobachter und Kommentator. Brechts dramaturgische Neuerungen hatten als Ziel, die dramatische Illusion durch kommentierende Eingriffe zu unterbrechen und das menschliche Verhalten als ein von ökonomisch-politischen Verhältnissen abhängiges, aber unter Umständen veränderbares zu zeigen. Dafür steht Brechts Slogan »Glotzt nicht so romantisch!«

 

In seiner radikalsten Form wird aus dem epischen Theater das Theater der Dekonstruktion, wo man das Selbstreferentielle zum Thema macht. Sicherlich ist Frank Castorf da ein großer Vorreiter, aber auch Nicolas Stemann und der ehemalige Castorf-Schauspieler Herbert Fritsch. Sie versuchen, Improvisationsfreiräume zu schaffen, in denen der Schauspieler aus der Rolle ausbrechen und zu dieser einen zeitgemäßen Kommentar erspielen kann. Damit wird eine Seite der Figur präsentiert, die sonst nicht sichtbar geworden wäre. Wichtig ist immer die gemeinsame Arbeit an der Figur und zugleich am eigenen Standpunkt, den sich der Schauspieler als Kommentar zur Figur, zum Stück erspielt. Oftmals entstehen auch choreographische Bilder, in denen hohe körperliche Präsenz gefordert ist. Außerdem braucht jeder Darsteller für sein Spiel Musikalität und Rhythmusgefühl.

 

Brecht spielt Brecht        
»Okay. Also auf der Bühne spielt der Schauspieler Figur und Beobachter und Kommentar. Hört sich nach Precht an. Mit ›P‹. Richard David Precht: Wer bin ich - und wenn ja wie viele? Brecht hatte viele Zuträger und Mitautoren, die alle ein bisschen Brecht waren. Brecht ist es gelungen, zur Marke zu werden: »Ich, Bertolt Brecht.«

 

»Brecht behauptete immer, hinter seinem Werk zu verschwinden«,
sagt Regisseur Antú Nunes, »dabei schreibt er sich immer rein: Bertolt Brechts Hauspostille, Bertolt Brecht Kleines Organon für das Theater

 

Könnte man sogar behaupten, Brecht schreibt sich durch seine Theorie des epischen Theaters mit in die Inszenierung? So wie Goethe, der durch seine geschmiedeten Verse die Schauspieler bis heute im Zangengriff hält und zurichtet. Steht Brecht im Prinzip in der Verfremdungssituation mit auf der Bühne? Manchmal hinter der Gardine, die videobeleuchtet die Komplexität des Theaterabends ausdehnt? Der Autor Bertolt Brecht ist also anwesend? Antú Romero Nunes hat die Idee: Brecht steht auf der Bühne mit Brecht und diskutiert mit Brecht, wie man Brecht spielt. Antú Nunes arbeitet gerne mit übergeordneten Ideen. Wenn Brecht Brecht spielt und mit Brecht darüber diskutiert, wie man Brecht spielt, dann ist das die Ebene, die das Spiel der Schauspieler zusammenhält. Es gibt die Verabredung: Brecht spielt Brecht. Die Verabredung hält in jeder Situation.

 

Wo Nunes draufsteht ist Nunes drin. Wer seine Arbeiten am Thalia Theater gesehen hat, Merlin oder Das wüste Land, Moby Dick, Don Giovanni. Letzte Party, weiß, dass er sich für die Begegnung, das Ereignis zwischen Zuschauer und Schauspieler im Theater interessiert: Nunes ist als Regisseur ein Spieler, der das Publikum verführen will. In seiner Don Giovanni-Inszenierung tritt zu Beginn ein Schauspieler an die Rampe und studiert mit den Zuschauern die Champagnerarie ein. Die ist ähnlich abgenudelt wie die Gassenhauer der Dreigroschenoper.    

 

Etwas wieder hörbar zu machen, ist das Interessante für ein Theater. Der Autor ist anwesend. Brecht. Das ist die Forderung. Der Autor kommt auf die Bühne: Brecht. Was macht er da? Er spricht. Er entwickelt sein Stück zu Ende. Was heißt das? Das Stück ist nicht nur das, was zwischen den Buchseiten klemmt, das bedruckte Papier, sondern auch Theorie.

 

Subversive Affirmation   
»Etwas Neues muß geschehen«, ruft der Schauspieler Jörg Pohl dem Publikum zu. Jörg Pohl ruft in Arbeiterkluft mit Schiebermütze, Zigarre und Brecht-Brille den Text des Bettlerkönigs Jonathan Peachum, Chef einer Bettlermafia. Er nutzt den ganzen Text Brechts, auch die Regieanweisungen, um das Prinzip des Abends, die Mitarbeit des Zuschauers, die Imagination zur Präzisierung des Bühnengeschehens zu fordern, im Gegensatz zur Illusionserzeugung des bürgerlichen Theaters. Wer keine Vorstellungskraft habe, könne angesichts der leeren Bühne gleich wieder gehen, sagt Pohl / Brecht / Peachum. Es geht um den Stückinhalt und den Überbau und ein spezielles Soundsystem: Brecht! Das wird mal persifliert mit rollendem nasalem »R«, dann mit anderen Dialekten und Sprachformen variiert vom »Gassenrülpser« bis zum hohen Ton der Volkshochschule. Und immer wieder viel Rauch um Nichts aus dampfenden Zigarren. So tritt nach und nach das Dreigroschenoper-Ensemble auf, alle im Brecht-Einheitslook: Blaumann, Schiebermütze, Mecki-Schnitt, runde Brille und Zigarre.

 

Die Darsteller brechen ständig die Aufführungsrealität mit dem Stilmittel der »Antúmime«, wie sie die bevorzugte Spielweise der mimisch und gestischen Darstellung nach ihrem Regisseur selbst bezeichnen. Sie spielen auch die Kulissen, rezitieren aus Brechts Anmerkungen zur Dreigroschenoper, Winke für die Schauspieler.[18]      
            Theorie wird versinnlicht. Und sie ist Taktik zur Errettung Brechts mit dem Stilmittel der subversiven Affirmation: »Wir sagen ›Ja‹ zur Dreigroschenoper. Wir sagen ›Ja‹ zu Bert Brecht. Wir sagen ›Ja‹ zu den knallharten Verlagsvorgaben.«

 

Die staubtrockene Suhrkamp-Fibel mit der genialen Musik wird zum Manifest des Abends. Jens Jessen schreibt in DIE ZEIT:

Man könnte das als ultimative Brecht-Verhöhnung sehen. Es ist aber auch eine Hommage an den Meister, indem seine Ideen und Charakterfacetten, verteilt auf die Figuren und im steten Kampf miteinander, einen Abend lang über die Bühne toben dürfen.[19]

 

Für uns, die wir mit Brechttexten etwas probieren und auf der Bühne spielen, ist dieser Zugriff der subversiven Affirmation jedenfalls gewinnbringend, weil a) wir spielen Brecht, b) es ist ein Blockbuster, c) Brecht selbst rettet Brecht. Er ist die helfende wie schützende Instanz. Brechts Anmerkungen zur Dreigroschenoper und auch ein notiertes Gespräch zwischen Brecht und dem Mailänder Regisseur Giorgio Strehler vom 25.10.1955 sind zentrale Spielanweisungen für die Inszenierung, für den epischen Darstellungsstil:           

 

Strehler spricht davon, dass es dem italienischen Schauspieler nicht liege, mehrschichtig zu spielen, also etwa in dem Sinn: ›Ich spiele den, der diese Figur spielen will‹. [...] Strehler bittet um Rat, was man mit Schauspielern tun kann, die episches Theater nicht kennen. [...] Brecht schlägt vor, eine von ihm erprobte Hilfsmethode zu verwenden, die Darsteller sollen sogenannte ›Brückenverse‹ einfügen, so daß ihre Rede in die dritte Person, als Bericht, verwandelt wird; also nach jedem Satz ein ›sagte er‹ einfügen. ›Das Schlimme ist: ohne Anwendung von Dialektik ist ›episch‹ nicht zu bekommen‹.[20]

 

Versinnlosen
Zum Schluss meine persönliche Sternstunde des Brecht-Actings in der Dreigroschenoper: Ein Brecht-Darsteller, Thomas Niehaus, der den Tiger-Brown zu spielen vorgibt, wiederholt einen Vorgang, um ihn zu verdeutlichen. Das wirkt zunächst etwas gezwungen und angestaubt, wird aber im Vorgang selbst dadurch thematisiert, dass der Brecht-Darsteller Thomas Niehaus, der den Tiger-Brown zu spielen vorgibt, das Thema »Staub« ganz beiläufig in der Szene so thematisiert, dass daraus eine eigentümliche Verbildlichung mit windschiefer Logik wird. Der Brecht-Darsteller sagt: »Wir sehen die verlassene Zelle, in einer Ecke hat sich Staub gesammelt, der entsteht, wenn man die Tür öffnet und ein Wirbel den Staub wie eine Schafsherde zusammentreibt.« Dieses Bild der durch einen Wirbel zusammengetriebenen »Staubschafsherde« wird nun in weiteren Wiederholungen der Szene zitiert. Es ist ein Beitrag zum »Versinnlosen«[21] von Zeit und ein probates Mittel, die Brecht’sche Kunst der Verfremdung zu einer »valentinesken Szene«[22] zu verfremden. Eine Überbrückungsszene. Gleich geht es weiter. Der überbrückende Brecht-Darsteller wird von seinem Kollegen überrascht, der das Bild der durch einen Wirbel zusammengetriebenen »Staubschafsherde« ebenfalls zitiert. Und so sehen wir in diesem Augenblick, »in einer Ecke hat sich Staub gesammelt, der entsteht, wenn man die Tür öffnet und ein Wirbel den Staub wie eine Schafsherde zusammentreibt.«

 

So wird Brecht von Brecht zur Rede gestellt und kräftig wirbelnd entstaubt.

  

[1] Brecht selbst war berüchtigt für seinen rüden Umgangston, ständig brüllte er »Scheiße«, ob in Disputen über Arbeitsweisen oder auf Proben im Theater. Vgl. dazu: Jan Knopf: »Zusammenarbeit mit Feuchtwanger«, in: Ders.: Bertolt Brecht. Lebenskunst in finsteren Zeiten, München 2012, S.114-121.

[2] Der Suhrkamp Verlag, als Vertreter der Erben von Bertolt Brecht, verklagte vor dem Landgericht München das Münchner Residenztheater wegen der Baal-Inszenierung von Frank Castorf (Premiere 15.1.2015), weil der Regisseur Fremdtexte von Arthur Rimbaud und Carl Schmitt, aber auch eine längere Sequenz aus Francis Ford Coppolas Kriegsfilm Apocalypse Now Redux hinzugefügt hatte. Die Verhandlung endete mit einem Vergleich: Baal durfte noch zweimal gezeigt werden, einmal in München und einmal in Berlin beim Theatertreffen 2015, wohin die Produktion eingeladen wurde.

[3] Bei dem Augsburger Brechtfestival abc (augsburg brecht connected) im Juli 2007 spielten Die Goldenen Zitronen ihre Bearbeitung des Brecht Gedichts.

[4] Am 19. September 1947 wurde Bertolt Brecht, der seit 1941 in den USA im Exil lebte, wegen des Verdachts, Mitglied einer kommunistischen Partei zu sein, im House Un-American Activities Committee (HUAC, Senatsausschuss für unamerikanische Umtriebe) verhört. Ihm wurde vorgeworfen, dass er eine kommunistische Unterwanderung der Filmindustrie in Hollywood angestrebt habe, was aber nicht nachgewiesen werden konnte.

[5]»(You Gotta) Fight for Your Right (to Party!)« ist ein Song der US-amerikanischen Hip-Hop-Gruppe Beastie Boys aus dem Jahr 1986 von ihrem Debütalbum Lincensed to Ill.

[6] Im Dezember 2001 erscheint der Song »I Will Talk and Hollywood Will Listen« auf der Konzert-DVD Robbie Williams – Live at the Albert. Zur Track-Liste des Konzerts gehört auch der Brecht / Weill-Song »Mack The Knife«.

[7] Diese kurze Zusammenfassung der einfachen Magie von Theater stammt von dem französischen Choreografen Jérôme Bel, zit. n. Peter Michalzick: Die sind ja nackt! Gebrauchsanweisung fürs Theater, Köln 2009, S. 66.

[8] Der Song »Monsoon« von Robbie Williams ist 2002 auf dem Album Escapology erschienen.

[9] Das Brecht-Gedicht »Vom armen B. B.« ist von 1927 aus seiner ersten Lyrik-Sammlung Bertolt Brechts Hauspostille vgl. Bertolt Brecht: »Hauspostille«, in: Ders.: Werke, Bd. 11: Gedichte I. Sammlungen 1918-1938, Frankfurt a. M. 1988, S. 39-120, hier: S. 119.

[10] Jan Knopf: Bertolt Brecht. Lebenskunst in finsteren Zeiten, München 2012.

[11] In einer Neufassung wurde der »Salomon-Song« aus der Dreigroschenoper von Brecht 1937 um die Strophen vom »Wissensdurst«, der ihn ins Exil gezwungen hat, erweitert.

[12] Ein Kennzeichen von POP ist, Vorformuliertes neu ins Gespräch zu bringen. Für Karl Bruckmaier ist Brechts Aneignung der Beggar`s Opera von John Gay ein »tipptopp Pop-Umgang mit dem geistigen Eigentum anderer«. Karl Bruckmaier: »Nehm jeder sich heraus, was er grad braucht«, in: Ders.: THE STORY of POP, Hamburg 2014, S.183.

[13] Micha Acher in einem Interview in der Süddeutschen Zeitung vom 17.12.2010. Acher war der musikalische Leiter der Dreigroschenoper von Brecht / Weill, die Christian Stückl im Januar 2011 am Münchner Volkstheater inszeniert hat.

[14] Bob Dylan: Chronicles. Volume One, Hamburg 2004, S. 286.

[15] Ebd., S. 285.

[16] Im Tagesspiegel vom 26.12.2015 kritisiert der Schauspieler Ulrich Tukur das Regietheater: »Ich bin damals ausgestiegen, als die Regisseure anfingen, sich über die dramatische Literatur zu erheben und in Ermangelung neuer oder eigener Stücke fragmentierten und zerstörten, was mir wertvoll war.« In: Der Tagesspiegel vom 26.12.2015: »Schauspieler Ulrich Tukur kritisiert Regietheater«, http://www.tagesspiegel.de/kultur/zeitgenoessisches-theater-schauspieler-ulrich-tukur-kritisiert-regietheater/12764814.html, zuletzt eingesehen am 27.04.2017.)

[17] Im August 2006 inszeniert der Burgschauspieler Klaus Maria Brandauer zur Wiedereröffnung des Berliner Admiralspalastes Die Dreigroschenoper. Mackie Messer singt und spielt der Sänger Campino der Düsseldorfer Punkband Die Toten Hosen.

[18] Vgl. Bertolt Brecht: »Anmerkungen zur Dreigroschenoper«, in: Siegfried Unseld (Hg.): Bertolt Brechts Dreigroschenbuch, Frankfurt a. M. 1960, S. 64-70; hier: S. 67f.

[19] Jens Jessen: »Die Dreigroschenoper am Thalia: Brecht-Verhöhnung? Oder Hommage? Beides!«, in: DIE ZEIT 38 vom 17. September 2015.

[20] Ein Gespräch zwischen Brecht und Giorgio Strehler am 25.10.1955 über die bevorstehende Mailänder Inszenierung. Zit. n. Unseld (Hg.): Dreigroschenbuch, S. 130-134, hier: S. 134.

[21] Im Süddeutsche Zeitung Magazin spricht der Kleinkünstler Gerhard Polt über Langeweile: »Ich sinnlose vor mich hin, und das mit Begeisterung. Wenn nichts passiert, passiert ja nur scheinbar nichts, weil irgendwas passiert ja immer, und wenn eine Ameise übern Sandboden läuft oder Staubpartikel durchs Fenster sichtbar werden, weil die Sonne reinscheint. Die Frage ist, ob es einem gelingt, sich diesem Angebot zu öffnen.« Gerhard Polt /Alex Rühle: »›Ich sinnlose vor mich hin… und das mit Begeisterung!‹ Gerhard Polt spricht über Langeweile«, in: Süddeutsche Zeitung Magazin 47 (2011), http://sz-magazin.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/36659, zuletzt eingesehen am 27.04.2017.

[22] Bertolt Brecht, der später sagte, erst von Karl Valentin und Liesl Karlstadt habe er gelernt, wie man Stücke macht, hatte 1919 bei Karl Valentins Oktoberfestschaubude im Orchester die Klarinette gespielt. Valentin selbst blies in die Tuba und Liesl Karlstadt als zylindergekrönte Ausruferin verkündete eine Sensation: eine Riesendame, das größte Weib, das je in Europa gezeigt wurde, mehr als 18 Meter groß und tonnenschwer. Mutige Zuschauer wagten einen Blick durch ein Guckloch und sahen die Bavaria vor der Ruhmeshalle.


Matthias Günther