Quijot
e. Trip zwis
chen Welten

Ein (fast) wahres Interview mit einem verrückten Ritter

 

Er ist hinausgezogen in fremde Welten. Er ist als fahrender Möchtegern-Ritter auf dem Weg zu Ruhm und Ehren (doch der Weg ist weit). Er ist mit seinem klapprigen Gaul Rosinante und seinem gefräßigen Begleiter Sancho Panza seit 1605 unterwegs. Er, das ist der sinnreiche Junker Don Quijote von der Mancha! Heute Abend ist es uns gelungen, den „Ritter von trauriger Gestalt“, wie er sich selbst nennt, im Thalia Theater aufzuspüren. Don Quijote hat nicht lange gefackelt und dem Lessingtageblog dieses fiktive Exklusivinterview gegeben. Wir freuen uns sehr über seine Bereitschaft und die messerscharfen Antworten!

LESSINGTAGEBLOG: Herr Quijote, mal unter uns, mit der Realität können Sie nicht so viel anfangen, oder?
QUIJOTE: Realität, haben Sie Realität gesagt? Die interessiert mich aber so was von, äh, Null Komma Null. Also ehrlich, Realisten gibt es schon genug.
LTB: Sie würden also nicht zugeben, dass Sie gegen Windmühlen gekämpft und diese für Riesen gehalten haben?
Q: Bitte?! Völliger Firlefanz, aber so was von! Wenn überhaupt, dann wurden die Riesen im Nachhinein von feindlichen Kräften in Windmühlen verzaubert. Wer schreibt Ihnen eigentlich solche lächerlichen Fragen auf, Sancho Panza vielleicht? Der redet viel, wenn der Tag lang ist. Sancho redet sogar so viel, wie er nie wird schweigen können – nicht einmal nach dem Tod. Das habe ich ihm schon häufig gesagt. Ach egal, wem erzähle ich das. Wissen Sie, ein fahrender Ritter wie ich hat mit vielen Widrigkeiten zu kämpfen.
LTB: Herr Quijote, Sie sollen sogar einen „blutigen Kampf“ mit Rotweinschläuchen ausgetragen haben!
Q: Ich sage ja, das Ritterleben ist kein Ponyhof, erst recht nicht in der Mancha.
LTB: Und Ihrem Begleiter Sancho Panza haben Sie die Statthalterschaft über eine Insel in Aussicht gestellt. Da führen Sie ihn aber ganz schön an der Nase herum!
Q: Als mein Stallmeister steht ihm diese Belohnung selbstredend zu. Ich habe übrigens nicht den Begriff Insel, sondern „Eiland“ benutzt – so genau wollen wir schon sein. Sancho hat mich dann gefragt, ob das ein Land mit einem Ei drauf sei. Jetzt sagen Sie noch was zu seinen Fähigkeiten! Aber egal, aber egal. Sollte sich wider Erwarten kein Eiland organisieren lassen, wäre ein Stück Festland sicher auch eine gute Option. Dänemark soll nett sein. Das habe ich ihm schon angeboten. Oder wie wäre es mit diesem Theater? Ja, das ist eine angemessene Idee, Sancho bekommt das Thalia Theater!
LTB: Oh, Moment, da könnte der Intendant etwas einzuwenden haben…
Q: Papperlapapp, wir kennen uns schon gut. Schließlich erobern Sancho und ich regelmäßig die Burg, äh, Bühne. Apropos erobern: Wissen Sie, was ich als Nächstes erobern werde? Das Herz meiner wunderbaren Dulcinea von Toboso. Da wird ihr Intendant sicher neidisch sein.
LTB: Sicher, sicher. Herr Quijote, wie fanden Sie denn die Lessingtage bisher?
Q: Mir gefällt es immer gut, fremde Burgvölker kennenzulernen. Besonders in Erinnerung geblieben ist mir der vergangene Montag: Mein tapferes Ross Rosinante durfte Hamburger essen, diese Brötchen, na, Sie wissen schon. Da lagen Tausende rum, die waren wohl von irgendeinem Picknick in Golghata übriggeblieben.
LTB: Ja, das war ein ganz besonderes Fest. Aber bevor es nun zu bunt wird…
Q: Ich würde gerne noch etwas zum Thema Sport sagen!
LTB: Oh, bitte, nur zu.
Q: Staffellauf ist der Sport der Zukunft, davon bin ich überzeugt. Das Staffelholz wird immer weitergegeben. Wenn ich nicht mehr bin, kommt der Nächste dran. So ist das.
LTB: Ach ja, alles klar. Herr Quijote, vielen Dank für Ihre, nun ja, aufschlussreichen Antworten und viel Erfolg bei Ihren weiteren Abenteuern!
Q: Komm, Rosinante, hü-hott!


Janne Kieselbach