Pressestim
men zu Die Zeit der
Besessenen

„Der ungarische Autor und Regisseur Kornél Mundruczó hat sich für seine Inszenierung „Die Zeit der Besessenen“ am Hamburger Thalia Theater die Ausgangsfrage gestellt: „Wie entsteht revolutionäre Gewalt?“, um sie dann mit einem Personal zu beantworten, das vor allem eins ist: schräg. Dazu schaute Mundruczó sich in Dostojewskis Roman „Die Dämonen“ um und versetzte die Erregten Weltverbesserer, Zweifler, Utopisten und Umsturz-Bohemiens des vorrevolutionären Russlands in die Gegenwart. […] Die Bühne von Márton Agh tut ihr Übriges zur traumhaften Ausschmückung: Watteschnee und kaltes Licht umhüllen den Kopf eines Towers ohne Turm darunter, den eine rätselhafte Collage aus postsowjetischem Verfall, amerikanischen Symbolen und absurden Zutaten überzieht. […] Ein atmosphärisch so dichtes wie versponnenes Setting mit einer Gruppe exzentrischer Persönlichkeiten schafft eine starke Magie […].“ - Süddeutsche Zeitung

 

„Zwei Tote, die Projektion unzähliger (Atom)Explosionen auf einer rechtzeitig heruntergelassenen Leinwand und ein teilnahmslos abgehender Nikolai Stawrogin: Das ist das Ende, das Ende von Kornél Mundruczós "Dämonen"-Bearbeitung am Thalia in der Gaußstraße. […] Dieser Stawrogin ist Teil und Kopf einer revolutionären Gruppe, der auch Pjotr Stepanowitsch Werchowenski und Iwan Pawlowitsch Schatow angehören. Gewalt, Nihilismus und brutale Willkür sind die treibende Kräfte dieser amoralischen Gruppe. Ihre Geschichte spielt irgendwo tief in der russischen Provinz und zeichnet das Bild einer sich selbst zerstörenden Welt, in der unterschiedliche Ideologien aufeinanderprallen. […] In zum Teil sehr schönen, weil sehr filmischen Bildern erzählt Mundruczó von Männerbünden und unklaren Plänen, von Liebe Hoffnungen und Enttäuschungen […] Regisseur und Bühnenbildner bauen dafür immer wieder großartig surreal anmutende Bilder. Oft liegen diese nah an der Kitschgrenze und retten sich doch mit einer freundlichen Prise Tarkowski. Die Bach-Suiten für das Wohltemperierte Klavier passen bestens zu dem sanft rieselnden, großflächig projizierten Schnee, fröhlich verstreute Rosenblätter stecken schließlich im Watteschnee wie überdimensionale Blutstropfen […] Mundruczó macht in seiner Inszenierung das Politische zum Privaten, steckt alles Dämonische ins Kind. Das ist […] (dank der großartigen Schauspieler) sehr unterhaltsam […].“ - Nachtkritik.de

 

„Hat Sandra Strunz in der Gaußstraße mit ihrer Bearbeitung von Don DeLillos „Falling Man“ die innere Zerstörung als Folge der äußeren bei der Katastrophe von 9/11 zu analysieren versucht, fragt nun Mundruczó, wie es zu solchen Ausbrüchen von Gewalt kommen kann. […] In und um den abgewrackten Wohnkiosk auf Martón Ághs […] Bühne streiten sich die Revoluzzer im Angesicht des Todes, saufen, lieben und prügeln, und hüpfen (halb)nackt im Schnee herum. Derlei Anachronismen, Brüche und Widersprüche sind ein Stil- und Spielmittel des Ungarns.“ - Hamburger Abendblatt

 

„Mitten in der US-amerikanischen Provinz, auf einem verlassenen Flugfeld, (ver-)schwören ein paar durchgeknallte Terroristen den „Weltenbrand“ herbei. […] Für seine Theater-Bearbeitung des tausendseitigen russischen Revoluzzer-Kloppers „Die Dämonen“ von Fjodor Dostojewski hat Mundruczó Teile des Personals und der Handlung ins Heute geholt. Das Bühnenbild ist großartig, die Atmosphäre intensiv: Die Bedrohung und Bedrückung der Figuren ist jederzeit greifbar.“ - Hamburger Morgenpost

 

„Mit seiner verblüffenden Theateradaption des Dostojewski-Romans „Böse Geister“ belebt der ungarische Radikalregisseur Kornél Mundruczó vergessene Planspiele (...) Gleich zu Beginn legt ein drahtiger kahlschä-deliger Schauspieler […] eine ziemlich alte, herrlich knisternde Platte (Vinyl!) mit Schuberts Unvollendeter auf. Und der gebildete Alteuropäer, vom geistigen Habitus her selbst ein Aufleger alter Platten, zieht die Augenbrauen hoch und sagt sich zwangsläufig: Aha! […] Nur waren die Scheiben, die mit ihrem garstig Lied von der Radikalisierung, von Anarchie und Sozialismus, wohltemperierten Salons geistige Kraftmeier-nahrung injizieren sollten, damals entschieden aktueller als heute. Deshalb hat es eine schöne sublime Konsequenz, wenn der ungarische Film – und Theaterregisseur Kornél Mundruczó auf der Studiobühne des Hamburger Thalia Theater mit den bösen Geistern in die Kälte zieht und sie mit einem zeitgemäßen Virus infiziert: 9/11. […] Die Zeit der Besessenen nennt Mundruczó seine ambitiöse Dostojewski-Adaption, und sie dramatisiert weniger den Roman, sie dramatisiert tatsächlich: Zeit. Und das gelingt ihr auf eine sehr unspektakuläre Weise erstaunlich gut. Dass sie sich mit dem Ausrufezeichen des Atompilzes ein Ende setzt, ist der notwendige Tribut an eben die – Zeit.“ - Der Standard