Kirill Serebrennikov, 1969 in Rostow am Don geboren, gehört zu den internationalen Starregisseuren seiner Generation. Er arbeitet in allen Genres - Theater, Opern, Ballett, Film und Fernsehen. Bereits während des Studiums führte er Regie an einem Theaterstudio, ab 1994 dann an den Theatern von Rostow und 2001 folgte seine erste Regiearbeit in Moskau – „Plastilin“ von Wassilij Sigarjow – die zu europäischen Theaterfestivals eingeladen und von arte aufgezeichnet wurde.
Mit dem Moskauer Tschechow-Künstlertheater verbindet ihn eine besonders enge Zusammenarbeit: dort inszenierte er nicht nur als Regisseur, sondern war von 2011/2012 auch als stellvertretender Intendant und 2012 als Leiter des Studiengangs Schauspiel und Regie der hauseigenen Theaterschule tätig. Zusammen mit seinen Studenten gründete er das Siebte Studio, später Teil des Gogol-Center in Moskau, das von 2012 bis 2021 unter seiner künstlerischen Leitung stand. In Moskau startete er 2011 ein experimentelles Werkstatt-Projekt namens „Plattform“, das zu dem Zentrum der Zeitgenössischen Kunst Winsawod gehörte, und übernahm bis 2014 dessen künstlerische Leitung.
Kirill Serebrennikov erhielt für seine Arbeiten zahlreiche Auszeichnungen u.a. den Nationalfernsehpreis Russlands für Regie (1999), den East of West Award beim Karlovy Vary Filmfestival (2005), sowie den russischen Theaterpreis Goldene Maske (2012). Seine Filme werden auf den wichtigsten Festivals geehrt, u.a. in Cannes, Rom, Locarno und Venedig gezeigt. Im Musiktheater sind insbesondere seine Inszenierungen „Der goldene Hahn“ am Bolschoi Theater, „Falstaff“ am Mariinskij Theater und „American Lulu“, seine erste Opernproduktion in Westeuropa zu nennen.
Kirill Serebrennikovs Theaterinszenierungen werden regelmäßig zu internationalen Festivals eingeladen, u.a. zu den Wiener Festwochen, zum Festival Internationale Neue Dramatik an die Schaubühne Berlin und zum Theaterfestival in Avignon. 2017 wurde ihm der Europäische Theaterpreis für seine Inszenierung „Neue Realitäten“ verliehen.
Das Gogol Center Moskau etablierte sich ab 2012 unter Serebrennikovs Leitung zu Russlands führendem Avantgarde-Theater und einem vielseitigen Zentrum für internationalen Kunstaustausch. 2017 wurde er wegen angeblicher Veruntreuung von Geldern verhaftet und nach jahrelangem Hausarrest 2020 zu einer dreijährigen Haftstrafe auf Bewährung verurteilt. 2020 musste er die Leitung des Gogol-Center abgeben. Das Vorgehen gegen Serebrennikov gilt als Exempel für den Umgang Russlands mit systemkritischen, liberalen Künstlerinnen und Künstlern und löste eine Welle der Solidarität in der internationalen Kunstwelt sowie zahlreiche Proteste und Petitionen auf höchster politischer Ebene aus.
Trotz aller Beschränkungen ist Serebrennikov künstlerisch aktiv und bringt ständig neue, von ihm per digitaler Kommunikation geleitete Inszenierungen heraus, etwa „Nabucco“ an der Staatsoper Hamburg (2019), „Decamerone“ am Deutschen Theater Berlin (2020) und „Parsifal“ an der Wiener Staatsoper (2021).
Kirill Serebrennikovs erste und einzige Schauspielinszenierung, die er in Westeuropa selbst zur Premiere gebracht hat, ist Anton Tschechows „Der schwarze Mönch“ am Hamburger Thalia Theater. Die Proben waren abenteuerlich und sind fast ein Zeitdokument: Sie begannen im November und Dezember 2021 in Moskau, weil Kirill Serebrennikov Russland aus politischen Gründen nicht verlassen durfte. In der Folge ist das Hamburger Team mitten in einem coronabedingten russischen Lockdown nach Moskau gereist. Im Januar durfte Kirill Serebrennikov zu aller Überraschung erstmals ausreisen und konnte seine Aufführung in Hamburg selbst zur Premiere bringen. Einen Tag später kehrte er trotz seiner schwierigen Lage nach Moskau zurück. Als sich die politische Lage durch den russischen Krieg gegen die Ukraine immer weiter verschärfte, hat Kirill Serebrennikov gegen diesen Krieg protestiert, sein Land verlassen und lebt derzeit in Deutschland. Er ist derzeit „Artist in Residence“ am Thalia Theater und bringt dort in der Spielzeit 2022/2023 zwei neue Inszenierungen mit deutsch-russisch gemischten Ensembles heraus.