Spiel Zig
eunistan
Wolkly ist verschwunden. Sein Onkel Letscho macht sich auf die Suche nach ihm – und landet in dem Klassenzimmer, in dem Wolkly sich versteckt hatte. Er hat ihn jedoch knapp verpasst – und so haben nun beide Gelegenheit, zu erzählen: von sich und den Vorurteilen, mit denen sie leben müssen. Denn Wolkly und Letscho sind Sinti aus Hamburg. Wolkly berichtet, warum Schule für ihn vor allem mit Scheitern zu tun hat – die Musik hingegen lässt ihn nicht los, und wenn er einen neuen Song für sich entdeckt, sitzt er manchmal die ganze Nacht draußen und spielt.
Als Wolkly plötzlich abhaut, taucht sein Onkel auf: Letscho, der Boxtrainer, der um die Probleme und Blockaden von Schulverweigern weiß und sich nun in einem Sonderprogramm dafür einsetzt, dass die Probleme der Sinti mit der Schule weniger werden. Er weiss, woher die Blockaden kommen; seine eigene Familie hat damals miterleben müssen, wie sie von den Nationalsozialisten direkt aus dem Klassenzimmer ins Konzentrationslager verschleppt wurden und bis heute keine Entschädigung erhalten haben.
Das biografisch-fiktive Theaterstück über Wolkly und Letscho basiert auf Gesprächen mit Angehörigen der in Hamburg lebenden Familie Weiss und fragt danach, was hinter den Vorurteilen gegenüber Sinti und Roma steckt. Was hat es auf sich mit den Vorstellungen vom wilden und freien Leben oder aber den negativen Klischees, die sie an den Rand der Gesellschaft drängen? Wie fühlt sich ein junger Sinto im heutigen Hamburg, was macht seine Identität tatsächlich aus? Und warum glauben immer alle, die Sinti wären ein Wandervolk, wo sie doch bereits seit 600 Jahren in Deutschland leben?
Als Klassenzimmerstück für Hamburger Schulen inszeniert, wird „Spiel Zigeunistan“ auch regelmäßig im Thalia in der Gauß zu sehen sein.
Uraufführung 27. Januar 2014, Thalia Gauß (Garage)
„Christiane Richers Stück ist biografisches Erzähltheater. Sinti haben erzählt und Richers geschrieben. Sie erzählten ihre Geschichten, von ihrem Alltag, von den Auswirkungen der deutschen Vergangenheit auf heute, von den Klischees und Vorurteilen, denen sie als Sinti begegnen, obwohl sie hier schon über 600 Jahre leben. Und Chakraborty ist Onkel und Neffe zugleich und glänzt in seiner Doppelrolle vor allem durch Authentizität. Ohne spektakuläres Bühnenbild kommt „Spiel Zigeunistan“ mit Worten, Träumen und einem Boxsack aus. Zigeunistan ist Wolklys Land, geschaffen durch Sprache, Zusammenhalt und Lieder […] Wolkly lässt das junge Publikum spüren, wie tief der alte Schmerz dieser Familien sitzt und wie beständig die Vorurteile in den Köpfen wohnen.“ - Szene Hamburg
„Rahul Chakraborty spielt Helmut und Thomas nicht nur mit einer ungeheuerlichen körperlichen Energie sondern auch mit einer Überzeugungskraft, der man in jeder Sekunde ihre Authentizität glaubt. Ein kurzes, intensives und wichtiges Stück, das die Schließung von Bildungslücken neu definiert.“ - hamburgtheater