
Wer bist du und was ist deine Funktion am Thalia Theater?
Mein Name ist Christiane Petschat. Ich bin Beleuchtungsmeisterin und Lichtdesignerin und arbeite seit 17 Jahren am Thalia Theater. Angefangen habe ich als Aushilfe und dann als Auszubildende zur Fachkraft für Veranstaltungstechnik.
Was sind deine Hauptaufgaben?
Mein Tätigkeitsbereich ist sehr vielfältig. Ich bin als Lichtdesignerin für die künstlerische Konzeption und die technische Umsetzung der Szenenbeleuchtung verantwortlich. Als Beleuchtungsmeisterin bin ich für den reibungslosen Ablauf im Repertoirebetrieb zuständig. Wir haben in der Regel morgens eine Probe auf der Bühne. Das heißt wir bauen das Stück vom Vorabend ab, die Probe auf und richten die Scheinwerfer ein. Dasselbe machen wir dann am Nachmittag nochmal. Wir räumen die Bühne komplett leer und bauen die Abendvorstellung auf und leuchten alles wieder ein. Hinzu kommen administrative Aufgaben in der Abteilungsleitung. Das ist ein typischer Bürojob.
Wie sind deine Arbeitszeiten?
Ich arbeite entweder von 7:30-16:00Uhr oder 14:30-23:00 Uhr. Manchmal auch 9-17:30 oder 10-18:30. Je nachdem was ich genau mache. Wir arbeiten auch an Wochenende und Feiertagen.
Was liebst du an deinem Job/Beruf? Gibt es hier besondere Situationen?
Besonders gern arbeite ich als Lichtdesignerin. In den Endproben in enger Zusammenarbeit mit Regie und Bühnenbild. Wir sind in der Beleuchtungsabteilung ein tolles Team, was zusammen mit den abwechslungsreichen Tätigkeiten den Job zu meinem Traumjob macht.
Was ist dein Lieblingswort im Theater?
Kurz und knapp: Focus.
Gibt es im Hinblick auf Nachhaltigkeit Energie-Einsparmöglichkeiten in der Abteilung Beleuchtung?
Oh ja. Wir sparen bereits enorm ein durch die Verwendung von LED-Licht. Und da wird sich sicher noch mehr ergeben in den kommenden Jahren.
Was machst du bei Thalia jung&mehr?
Ich gebe Workshops an Schulen mit den Schüler:innen und Lehrkräften der Theatergruppen. Dabei sprechen wir in denen schulischen Räumen über die Möglichkeit für Szenenbeleuchtung: Was erzeugt welchen Eindruck, wie bekomme ich tiefe in die Szenerie, wie wirken Farben. Daneben biete ich eine Lehrenden-Fortbildung an, der bei uns auf einer Probebühne stattfindet. Dort sprechen wir etwas intensiver darüber was Theaterlicht ist, was man mit Schüler:innen und auf Schulbühnen machen kann, welches Equipment dafür ideal ist und warum. Und wir probieren gewisse Lichtsituation live aus um ein Gefühl für die Geräte und ihre Wirkung zu bekommen.
Die nächste Fortbildung steht übrigens auch direkt vor der Tür: Am 06.02. werde ich wieder mit einigen Lehrkräften einen Nachmittag auf einer Probebühne verbringen und über Licht sprechen. (Es gibt noch Restplätze HIER).
Warum machst du das zusätzlich? Was interessiert dich daran?
Ich finde es toll über meinen Beruf zu sprechen, weil ich für das brenne war ich tue. Und besonders deutlich wird mir das, wenn ich anderen erklären kann was am Licht gestalten so großartig ist.

Im Gespräch mit...
Mable Preach.
Was verbirgt sich hinter dem "Two Step - Too Dirty" - ein Jugendprojekt für alle jungen Mädchen von 10 bis 18 Jahren bei dem Mable Preach Regie führen wird. In diesem Videointerview lernen wir Mable und das Projekt kennen.
Es ist eine Kooperation von Thalia jung&mehr mit dem Jugendkunsthaus Esche und dem Dolle Deerns e.V. Unterstützt von Kultur macht stark – Bündnisse für Bildung, gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung
Leitung Mable Preach und Nehle Mallasch
Das Interview führte Nehle Mallasch.
HIER geht es zum Projekt.







Im Gespräch mit…
...Ute Grütter (Leiterin des Jugendmigrationsdienstes des Christlichen Jugenddorfwerks Deutschlands e.V. (CJD)). Das Gespräch führte Neele von Döhren.
Durch Corona hat sich viel verändert. Wie konnten Sie die Veränderungen in ihrer Arbeit wahrnehmen?
Im Januar kamen in unsere offene Sprechstunde 40 bis 50 Ratsuchende mit Fragen zu Aufenthalt, Schule, Ausbildung, Arbeit, Freizeit, usw. Es war voll, laut und lebendig. Ab dem 14. März haben wir dann schnell die Kurse und die offene Sprechstunde geschlossen, damit war es plötzlich sehr ruhig. Die Lebendigkeit der vielen Menschen, die sich einfach begegnen, treffen, austauschen, war weg. Inzwischen vergeben wir stündlich wieder Termine.
Also gibt es auch positive Veränderungen?
Ja, auf jeden Fall. Wir arbeiten u.a. zusammen mit den Jobcentern, dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und der Ausländerbehörde, haben im Jugendmigrationsdienst vor allem mit rechtlichen und sozialen Fragen sowie mit Existenzfragen zu tun. Durch die veränderte Situation erreichen wir die Jobcenter telefonisch besser und selbst die Ausländerbehörde ruft zurück. Es geht entspannter zu. Vorher war man häufig in der Warteschleife, wurde weitergeschickt und vertröstet. Jetzt können wir im Grunde genommen mehr erreichen, durch die Limitierung der Termine allerdings für weniger Personen. Wir nutzten unsere so gewonnene Zeit für Konzeptarbeit und Online-Workshops.
Lässt sich der Ausfall der Integrations- und Sprachkurse auffangen?
Bei den Integrationskursen haben wir Online-Kurse angeboten. Seitens des BAMF konnten wir pro Kurs vier bis fünf Teilnehmer*innen aufnehmen. Die zu finden, war allerdings gar nicht so einfach, weil unsere Klient*innen technisch häufig nicht so gut ausgestattet sind. Aber wir haben genug Interessierte gefunden.
Und wie ist die Lage an den Schulen? Sind Schüler*innen mit Migrations- oder Fluchthintergrund noch stärker von den Schulschließungen betroffen als die anderen?
Die Jugendlichen, die wir betreuen, besuchen in den meisten Fällen Berufsschulen. Von dort konnten sie so gut wie gar nicht aufgefangen werden. Sie können kein Homeschooling machen, haben keine Eltern oder wenn sie mit ihren Eltern hier sind, können diese sie nicht im Lernen unterstützen. Die Jugendlichen müssen alles selbst regeln und dass häufig ohne technisches Equipment. Viele haben versucht über ihre Smartphones den Unterricht irgendwie zu verfolgen, aber dann aufgegeben. Erstens, weil sie die Aufgaben häufig nicht verstanden hatten, und zweitens, weil häufig Arbeitsblätter, ohne sie auszudrucken, nicht zu bearbeiten waren. Also im Grunde genommen haben die Jugendlichen die letzten drei Monate kaum etwas machen können und vieles zuvor Gelernte wieder vergessen.
Die Aktion „Leave No One Behind” macht auf die Situation an Europas Außengrenzen aufmerksam, aber wie ist die Lage innerhalb von Deutschland? Schafft Deutschland es, niemanden zurückzulassen?
Die Lage in den Flüchtlingslagern auf den griechischen Inseln ist dramatisch und kaum zu ertragen. Das kann man sicherlich mit hier nicht vergleichen. Hier sind die Unterkünfte deutlich besser, natürlich auch dadurch, dass weniger Menschen in den Unterkünften wohnen. Die Unterbringungen sind sauber, die Geflüchteten müssen nicht hungern, können sich regelmäßig die Hände waschen. Aber geistige Anregungen gibt es nicht, außer vielleicht über das Smartphone. Und viele sind es nicht gewohnt, selbstständig zu lernen. Es fehlt einfach der Anreiz und die klare Orientierung. Ob Deutschland es schafft, niemanden zurückzulassen, ist tatsächlich die Frage. Diese Frage, entsprechend dem CJD-Motto „Niemand darf verloren gehen“, sollte nach Corona näher erforscht werden. Ich würde sagen, dass ein Großteil unserer Klient*innen finanziell relativ abgesichert ist, da sie von den Jobcentern erfasst sind und in ihrer Arbeitssuche unterstützt werden.
Was sollte also getan werden, um wirklich niemanden zurückzulassen?
Wenn wir die Teilnehmer*innen der Kurse fragen, was sie brauchen oder was ihnen fehlt, kommt immer dieselbe Antwort: Kontakte zu Einheimischen. Also das Ankommen im normalen Leben entsprechend der Interessen, beruflichen Ziele und Hobbys. Nicht verloren gehen heißt auch, wie kann jemand Bildung erfahren, der in seiner Heimat Bildung zumindest anders oder gar nicht hatte. Was in dieser Zeit fehlt ist, sich zu berühren, sich zu begegnen und miteinander etwas zu erleben und zu entwickeln. Wir wollen künftig bei Themen wie Umwelt- und Klimaschutz, Massentierhaltung, Gesundheit, Ernährung etc., all die Themen, die gerade diskutiert werden, Fragen und Wünsche nach Veränderungen an unsere Zielgruppe herantragen und ein Bewusstsein dafür schaffen, dass jede*r (s)ein eigenes Interesse finden und sich dafür einsetzen kann. Was ich mir momentan auch wünsche, ist eine neue Anti-Rassismus-Bewegung. Ich wünsche mir, dass vor allem junge Menschen aufstehen und aktiv werden und gegen das protestieren, was gerade weltweit passiert. Das gelingt besser, wenn ich weiß, wer ich bin und was ich will. Wenn Menschen selbstbewusst genug sind, Dinge nicht hinzunehmen, sondern zu hinterfragen, eigene Meinungen zu bilden und sich einzusetzen, ist viel gewonnen.
Was sollte erhalten bleiben von dem, was man in den letzten Monaten gezwungenermaßen neu entwickeln musste?
Erhalten und ausgebaut werden sollten die Online-Seminare, gerade die zu interkulturellen Fragen für Institutionen und Behörden, denn hier herrscht noch viel offener, aber auch versteckter Rassismus. Über die Online-Seminare hat man neue Möglichkeiten mehr Menschen zu erreichen, die man sonst nicht erreichen würde. Auch das Zuhören ist etwas, das wir alle wieder mehr lernen sollten sowie die Selbstreflexion. Damit kann gelingen, dass das Motto „Niemand darf verloren gehen“ sich einhalten lässt. Noch leben wir in einer Welt voller Rassismus, Antisemitismus, Populismus, Narzissmus und viel Gewalt an Worten und Taten.
Im Gespräch mit…
...dem jungen Eisenhans.
Das sind u.a. der Eisenhans-Schauspieler Milan K. und die Eltern Franziska K., Petra J. und Stefan S.
Das Gespräch führten Neele von Döhren und Lea Wendschuh.
Die Eisenhans-Jugend-Gruppe würde normalerweise jeden Mittwoch zu einer Probe zusammenkommen. Könnt ihr einen kurzen Einblick geben, wie ein typischer Mittwoch im Januar aussah und wie der Mittwoch jetzt aussieht?
FRANZISKA: Der Mittwoch war immer ein anstrengender Tag. Milan hatte schon drei Tage Schule und Judo hintersich, aber die Probe war immer ein Termin, der nie ausfallen durfte, egal, was war, das war oberwichtig.
PETRA: Es war immer ein langer Tag, aber eben auch sehr bereichernd. Ja und jetzt sieht der Mittwoch völlig anders aus. Jetzt sind wir zuhause und warten bis die Projektleiterin Lea Wendschuh uns anruft und uns eine neue Aufgabe gibt. Diese verteilen wir dann aber über die ganze Woche.
FRANZISKA: Mittwoch bleibt die Mitte der Woche, aber man hat nichts mehr zu tun. Wir freuen uns immer, wenn ihr uns Aufträge gebt. Dann ist Milan immer schwer motiviert und wir müssen das immer sofort umsetzen, weil wir endlich was Sinniges zu tun haben.
Proben nur via Videokonferenz oder Aufträge per Telefon fordern ein hohes Maß an Selbstinitiative. Viele Theatergruppen stehen diesen neuen Herausforderungen gegenüber und kämpfen sich durch. Wie schätzt ihr das als Eltern ein, ist diese Form der Theaterarbeit mit Kindern/Jugendlichen mit Behinderung möglich?
STEFAN: Lina wohnt in einer Wohngruppe ohne eigenen Zugang zum Internet. Dadurch würde sich diese Online-Möglichkeit tatsächlich nur auf jedes zweite Wochenende beschränken, weil da Besuchswochenende ist. Das schränkt natürlich ein.
FRANZISKA: Also für uns ist es jetzt nicht so schwierig, aber ich glaube nicht, dass ich im Ansatz euch ergänzen kann. Es ist halt ein ganz neues Terrain, ich bin kein Theaterprofi.
PETRA: Also ich denke, dass es definitiv schwieriger ist, mit diesen besonderen Kindern oder Jugendlichen zu arbeiten, weil die Motivation schwierig ist. Es ist etwas anderes, ob ich etwas sage oder Lea. Die Eigeninitiative, die hat Kathi zum Beispiel gar nicht. Es wird ihr jetzt schwer fallen, das so alleine zu machen.
Theater ist ja ein Ort der Begegnung. Was bedeutet es euch, dass die Proben nicht mehr stattfinden und die Begegnung damit nicht mehr gegeben ist?
STEFAN: Lina fehlt das ganz extrem. Für sie ist das wirklich, ich will nicht sagen eine Katastrophe, aber wirklich ätzend. Das ist geistiger Input für sie. Sich auf eine Bühne zu stellen und sich zu präsentieren, das ist echt ihre Welt und das fehlt ihr im Moment ganz, ganz extrem.
PETRA: Der Austausch fehlt. Milan schickt Kathi zwar auch, was er so aufgenommen hat und dann hat man schon so ein bisschen Feedback, aber es ist eben doch sehr einsam. Da fehlt schon was, Theater ist dann irgendwie mehr als das man da alleine steht und spielt.
MILAN: Theater ist mir wichtig und jetzt geht auf-der-Bühne-stehen-und-präsentieren nicht mehr. Das fehlt mir richtig und es macht Spaß mit der Gruppe zu proben.
FRANZISKA: Da fehlt dann der Interaktionismus. Man sieht nicht, was dabei rauskommt. Sonst habt ihr einfach einen Verlauf, der für euch alle spürbar und sichtbar ist.
Zum Abschluss noch eine Frage: wie findet ihr es, dass wir trotz der schwierigen Umstände weiter Arbeiten und als Ergebnis ein Video beim Grenzgänger Festival präsentieren wollen?
MILAN: Für mich soll Theater immer bleiben. Deswegen finde ich das gut.
FRANZISKA: Wir finden es super, dass ihr uns in dieser Zeit treu bleibt und wir einen Film am Ende haben werden, den man sich immer wieder angucken kann.
PETRA: Wir freuen uns sehr, dass der Bezug zum Theater und euch so bestehen bleibt und wir am Ende sogar noch etwas in der Hand halten. Kathi hält gerade auch beide Daumen hoch

Matthias Vogel einer der acht Kulturagentinnen und Kulturagenten des Programms "Kulturagenten für kreative Schulen" das von 2011 bis 2019 in den fünf Bundesländern Baden-Württemberg, Berlin, Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Thüringen von der gemeinnützigen MUTIK GmbH, der Stiftung Mercator und der Kulturstiftung des Bundes gefördert wurde. In Hamburg hat es sich als Projekt der Conecco GUG verstetigt und wird durch das Land Hamburg und die Behörde für Schule und Berufsbildung gefördert. Das Programm hat seit seinem Bestehen mit 27 Stadtteilschulen und 3 Grundschulen zusammengearbeitet. Fast 35.000 Schülerinnenn und Schülern konnten bereits in künstlerischen Projekten mitwirken. Das multiprofessionelle Team begleitet die Schulen kontinuierlich in der Entwicklung und Verstetigung kultureller Bildung als selbstverständlichen Teil von Schule.Weitere Infos unter https://kulturagenten-hamburg.de/
Ursprünglich ist Matthias Vogel Filmemacher und Jurist. Hat außerdem Analytische Philosophie, Kunstgeschichte und ein bisschen Physik studiert, danach ein Filmfestival gegründet, ein Kino geleitet und einen bedeutenden Zombiekurzfilm gedreht. Als Kulturagent arbeitet er zusammen den Schulen Grund- und STS Alter Teichweg, Grund- und STS Winterhude und der Erich-Kästner Grund- und Stadtteilschule, der Thalia Tusch-Partnerschule. Im April hat gab es zu feiern, denn sein Projekt an der Schule Alter Teichweg, die „DULSBERG LATE NIGHT- Show“ erhielt den STADTTEILKULTURPREIS 2021! Herzlichen Glückwunsch!
Was ist eigentlich ein Kulturagent und was ist seine Aufgabe?
Wir Kulturagenten arbeiten in Hamburg mit vielen Grund- und Stadtteilschulen zusammen, und wir initiieren, konzipieren und produzieren Kunst- und Kulturprojekte in allen Sparten und Formen – und bringen dazu immer Schulen zusammen mit freien Künstler*innen und Hamburger Kulturinstitutionen.
Welche IDEE stehen hinter dem Programm?
Das besondere ist, das wir fest und vor allem langfristig mit unseren Schulen zusammenarbeiten, weil Kunst und Kultur ein ganz fester Bestandteil von Schule sein soll und nicht nur mal ein kurzes Leuchtfeuer. Und wir kommen nicht wie ein UFO von außen, sondern wir entwickeln die Projekte zusammen mit den Akteuren in der Schule, also den Lehrer*innen und Schüler*innen vor Ort, weil wir glauben, dass künstlerische Prozesse und Lernprozesse sehr voneinander profitieren können und sich in vielerlei Hinsicht auch ähneln.
Wie generierst du die Budgets für die Projekte?
Das ist ganz unterschiedlich. Wir stellen natürlich Projektanträge für unsere Schulen, zum Beispiel beim Projektfonds Kultur & Schule oder bei anderen Programmen und Stiftungen. Manche Schulen greifen aber auch mal tief in ihren Schuletat, gerade wenn Projekte jedes Jahr stattfinden sollen – oder wenn man ganz schnell künstlerisch auf eine Situation reagieren will.
Wie gestaltet sich deine Zusammenarbeit mit Künstlerinnen und Künstlern und Schulen?
Das kann ich so eigentlich gar nicht beantworten, weil jede Schule, jede Künstlerin und jeder Künstler, jedes Projekt immer einzigartig ist. Unter dem Strich ist das aber fast immer eine sehr produktive und mittlerweile auch eingespielte Konstellation.
Mit welche grundsätzlichen Gedanken und Überlegungen führst du Lehrenden und Künstlerinnen und Knstlern zusammen?
Da spielen mehrere Überlegungen eine Rolle. Erst mal steht ja meist eine Idee am Anfang, und dann überlegen wir: Wer könnte das in Hamburg gut umsetzen? Aber natürlich denkt man auch: Kann ich mir vorstellen, dass die beteiligten Personen harmonieren und einen Draht zueinander finden? Passt die künstlerische Strategie zu der Schule, der Lerngruppe, dem Alter der Schülerinnen und Schülern?
Was waren deine schönsten, eindringlichsten Erlebnisse, Hightlights?
Das ist ganz schwer zu sagen, weil ich diesen Job jetzt schon fast 10 Jahre mache, und in dieser Zeit so wahnsinnig viel passiert ist an schönen Sachen, aufregenden Dingen, unvergesslichen Momenten. Deswegen liebe ich Projektarbeit so sehr: Man macht mit einer Konstellation von unterschiedlichen Menschen für einen kurzen Zeitraum eine sehr intensive gemeinsame Erfahrung.
Woran arbeitest du momentan?
Gemeinsam mit meinen tollen Kolleginnen und Kollegen, den anderen Kulturagentinnen und -agenten Hamburg, sind wir vor allem dabei, ein großes Festival im Karoviertel zu organisieren, das KAROLONIA SPEZIES Festival, an dem 650 Schülerinnen und Schüler aus 30 Schulen über 20 Kunstprojekte mit ganz verschiedenen Künstlerinnen und Künstlern zeigen – und das jetzt wegen der Pandemie natürlich zu großen Teilen im Netz stattfindet.
In welchem Rahmen arbeitest du gerade mit der EKS zusammen?
Auch die Erich-Kästner-Schule nimmt mit zwei „Stadtlaboren“ an KAROLONIA teil – das ist gerade spannend und herausfordernd, weil wir dort mit Jahrgängen künstlerisch arbeiten, die seit Monaten überhaupt nicht mehr in die Schule kommen dürfen.
Wie hat sich die Zusammenarbeit mit der EKS gestaltet? Welche Projekte hast du hier realisiert?
Oh, da sind ganz unterschiedliche Formate zusammengekommen in den letzten Jahren. Die große Modenschau FARMSEN FASHION WEEK war ein paar Jahre lang jedes Jahr ein echtes Highlight, aber auch unser großes Tanzprojekt THERE WILL BE DANCE. Mit der Oberstufe haben wir eine Performance-Bustour durch den ganzen Stadtteil gemacht (FAREWELL FARMSEN) – oder am Grundschulstand zwei tolle, jahrgangsübergreifende Theaterprojekte zu Romanen von Erich Kästner. Und wer unser MATISSE-Happening vor 2 Jahren besucht hat, wird sich daran wahrscheinlich auch lange erinnern.
Was waren deine wichtigsten Erfahrungen, Erkenntnisse und Entdeckungen im letzten (Corona-) Jahr? Was davon wird bleiben?
Ich glaube, dass die Debatte über versäumten Schulstoff überhaupt nicht abbildet, vor welchen Herausforderungen Schulen und Schüler*innen jetzt und noch in den nächsten ein, zwei Jahren wirklich stehen. Schulen sind in erster Linie doch auch Gemeinschaftsorte, Treffpunkte, soziale Räume. Und die Corona-Krise hat vor allem auf das Zwischenmenschliche, auf das Soziale einen Terroranschlag ausgeübt. Bis wir Schulen wieder zu funktionierenden und unbeschwerten Orten machen, mit stabilen Klassengemeinschaften und guten persönlichen Beziehungen, bis alle – oder wenigstens möglichst viele – wieder gerne und fröhlich und angstfrei in die Schule gehen – das wird noch ein sehr langer und komplizierter Weg.
Du bist ja auch Filmemacher von Beruf. Was ist dein Lieblingsfilm?
Mein Lieblingsfilm ist RUSHMORE von Wes Anderson, denn er zeigt, dass für manche Jugendliche die Schule nicht nur ein Ort ist, sondern die ganze Welt. Und außerdem gibt es dort die spektakulärste Schultheateraufführung, die ich jemals gesehen habe. Seit meinem ersten Tag als Kulturagent wollte ich eigentlich nichts anderes, als solche Abende Wirklichkeit werden lassen.


Im Gespräch mit...
…Catharina Boutari. Im November 2019 startete das Thalia Treffpunkt Stadtteilprojekt "Never Ending Stories". 80 Jugendliche aus Jenfeld und den umliegenden Stadtteilen erarbeiten dort eine große Fantasie-Tanz-Musik-Text-Performance und gründen für ihre Präsentation einen ganz eigenen Ort, an dem sie ihren Träumen Raum geben können. Catharina ist die künstlerische Leiterin des Projektes. Mit ihr sprach Nehle Mallasch.
(c) Annemone Taake
Ursprünglich war der Plan, eine Performance für die Bühne zu entwickeln, inzwischen entwickelt sich das Projekt in eine andere Richtung...
Das stimmt. Kurz vor dem Corona-Lockdown hat die Inszenierung noch einmal eine ganz andere Richtung aufgenommen. Zuerst gab es die Idee, das Stück wie ein Game zu inszenieren, das Spiel des Lebens, in dem sich die Darsteller*innen ihre Levels und ihr Weiterkommen erspielen müssen. Dann erfuhren wir von den Jugendlichen, dass sie keinen wirklichen Ort in Jenfeld haben, wo sie sich treffen können, um einfach mal abschalten zu können. Den Jugendlichen fehlen in Jenfeld auch Geschäfte, die explizit junge Menschen ansprechen. Das brachte mich auf den Gedanken, mit ihnen zusammen einen temporären Shop zu eröffnen. Die Idee fanden alle gut. Und so wird es jetzt einen „Neverending Stories Pop Up Store“ geben. Real in Jenfeld und später auf der Bühne im Thalia Gaußstraße.
Ihr habt „Die Unendliche Geschichte" von Michael Ende als Ausgangssituation für euer Projekt genommen. Was war euer Anknüpfungspunkt und wie viel „Unendliche Geschichte“ steckt im Neverending Stories Pop Up Store?
Das Leben ist eine unendliche Geschichte. Besser: Endlos viele unendliche Geschichten. Genau wie die Hauptfigur Bastian aus dem Roman müssen die Jenfelder Jugendlichen Prüfungen bestehen, Herausforderungen annehmen, mutig sein, um (Lebens-) Ziele zu erreichen. Wir erforschen mit den Jugendlichen ihre eigenen Wünsche und Träume und üben mit ihnen, diese zu erproben und Realität werden zu lassen.
Wie alle anderen könnt ihr euch momentan natürlich nicht persönlich treffen. Wie arbeitet ihr weiter?
Wir weichen auf Online-Meetings aus. Es gibt einiges, was wir jetzt schon für unseren Pop-Up Store vorbereiten können. Ein Glück. Wir haben bei den letzten Proben schon Ideen gesammelt, was dieser Laden „können soll“, wie er aussehen soll und was wir als Programm künstlerisch anbieten. Auf der Basis arbeiten wir jetzt online weiter. Unsere neueste Idee ist, eine Instagram-Seite zu entwickeln, wo wir jetzt schon mal einen virtuellen Shop eröffnen, der Angebote gegen die Langeweile in der Corona-Zeit macht.
Künstlerische Leitung Catharina Boutari, Dramaturgie Cristiana Garba, Film Marat Burnashev, Ausstattung Gianna-Sophia Weise, Musik Andrew Krell, Breakdance Metin Demirdere & Jenny Schulze, Rap Bülent Celebi & Jan Grevé, Schauspiel Andrea Gritzke & Gundula Runge, Organisation Nadja Rix, Produktionsleitung Nehle Mallasch
Ein Projekt von in Kooperation mit
und
ein Programm von
gefördert vom Bundesministerium
Im Gespräch mit...
...Wolfgang Sting. Professor für Theaterpädagogik an der Universität Hamburg, Fakultät für Erziehungswissenschaft, Leiter des Arbeitsbereichs Theaterpädagogik und des Masterstudiengangs Performance Studies. Arbeitsschwerpunkte: Theorie und Praxis der Theaterpädagogik, Theater und Schule, Kinder- und Jugendtheater, Theater und Migration, Kulturelle Bildung. Das Gespräch führte Anne Katrin Klinge.
Was beschäftigt dich in Bezug auf die Theater im Moment?
Die notgedrungene Distanzierung zwischen den Theaterschaffenden und den Theaterliebhaber*innen, sie können nicht mehr gemeinsam erleben, was Theater ausmacht: das unmittelbare ästhetische Erlebnis der Aufführung als Livekommunikation in einem Raum. Die übergeordnete Frage lautet, ist das Theater ein Medium, das gut mit der Krise umgehen kann? Theater und Krise gehören zusammen, Theater zeigt die Krisen des Menschseins. Theater wächst am Krisenhaften, Herausfordernden, am Fremden und thematisiert, was in der Gesellschaft aktuell Diskurs und politisch wichtig ist. Die Frage ist nun, welche neuen interaktiven und digitalen Spielweisen und Formate Theater erfinden kann, die Theater als Kunstform profilieren und zugleich die neue Digitalität mitdenken.
Du lehrst auch für angehende Lehrerinnen und Lehrer und Theaterpädagog*innen, was empfiehlst du ihnen gerade? Wie geht ihr mit der Situation um?
In Krisenmomenten gilt es kreative Antworten zu finden, das betont z.B. der Philosoph Bernhard Waldenfels, der intensiv das Wesen von Fremdheit beforscht hat. Fremdheit und Krise, die uns wie jetzt herausfordern, kann ich natürlich ablehnen und abwehren, aber er sagt, es gibt die Möglichkeit mit Kreativität zu antworten und das versuche ich den Studierenden und Kolleg*innen zu vermitteln. In der Lehre versuchen wir, mit den Studierenden intensiv in Kontakt zu bleiben und gemeinsam neue soziale und digitale Interaktionsformen zu finden. Das lässt sich auch auf die Schulen übertragen. Generell gibt es synchrone und asynchrone Formate. So machen wir Video-Meetings als Präsentation, Diskussion, Austausch, aber auch als Theaterübung. Meine Mitarbeiterin Alina Gregor macht mit ihrem Seminar vor dem Bildschirm Theaterpräsenzübungen, um Körper und Stimme aufzuwärmen oder kleine szenische Einheiten und die Studierenden machen mit. Auch die konzeptionelle, theoretische und dramaturgische Auseinandersetzung mit Theaterpositionen, Texten, Stücken, oder Inszenierungsideen funktioniert gut, es ist möglich, sich schriftlich dazu zu äußern und Diskussionen im Netz anzustoßen. Aber die größte Herausforderung bleibt, wie man das Herzstück des Theaters, das Erfinden von szenischem Spiel und szenischer Handlung und deren Präsentation, die Aufführung, digital umsetzen kann.
An vielen Schulen fällt der Theaterunterricht gerade aus, was denkst du darüber?
Theater und alle ästhetischen Fächer dürfen in dieser Zeit nicht wegbrechen, denn unsere Lernkultur unser Bildungssystem brauchen die im Ästhetischen mögliche performative und soziale Kommunikation. Man kann trotz Abstandsregeln Theater machen, durchaus Choreografien und Bewegungsformen erfinden, die mit Distanz arbeiten. Wichtig ist, das Lernen mit dem Körper, in der Bewegung, im sozialen Miteinander jetzt nicht zu vernachlässigen.
Du planst einen Studiengang für angehende Theaterlehrer*innen, welche Lehren ziehst du aus dieser Krise in Bezug auf die Ausbildungsinhalte? Braucht es mehr Digitaliät im Theaterunterricht?
Die aktuelle Situation hat deutlich gemacht, dass wir uns der Herausforderung der digitalen Vermittlung stellen müssen. Wie kann eine Kunstform, die von der Unmittelbarkeit des Liveerlebnisses lebt, mit digitalen Inhalten verändert werden? Wie verhält sich Theater als Kunstform und als Interaktionsform zu den sozialen und digitalen Medien? Das Thema stand eigentlich schon länger im Raum und muss nun offensiv und kreativ angegangen werden. Theater und Digitalität lautet auch ein Schwerpunktthema, das wir vom Bundesverband Theater in Schulen e.V. für das nächste Jahr vorbereiten. Wichtig ist mir die gesellschaftspolitische Bedeutung von Theater, dass sich das Theater in aktuelle Diskussionen einbringt. Wie können die darstellenden Künste, Theater und Performance z.B. die Debatte um Freiheitsrechte aufnehmen? Ich finde, das Theater muss sich einmischen und Aussagen treffen, was die Krise für unser menschliches, soziales und politisches Zusammenleben bedeuten kann.
Überträgst du diesen Anspruch auch auf das Fach Theater in der Schule?
Das Fach Theater sollte zum kritischen Denken und Handeln anregen, natürlich auf der Erfahrungsebene der Schüler*innen, die alle ihre unterschiedlichen Seins-Erfahrungen mitbringen. Die Themen können alle aktuellen Fragen unserer sich ständig verändernden globalisierten Welt betreffen. Hier können sie auf einer spiel- und erfahrungsorientierten, performativen Ebene Fragen und Möglichkeiten aufwerfen, sich positionieren und eigene Erfahrungen zu diesen Themen artikulieren.