
Grenzgänger Fes
tival 2020. Onli
ne. Digital. Live.
9. - 18. Juni 2020
was bleibt? - Grenzgänger Festival 2020. Online. Digital. Live.
Ein Rückblick. Neele von Döhren.
Letztens wollte ich mir ein Kleid kaufen. Mal etwas Anderes, nicht immer nur die Basic Shirts und Jeans, die ich sonst trage. Etwas falsch machen kann ich so nicht, aber wirklich aufregend ist es nicht. Ich stand mit einem ganzen Arm voll Kleidungsstücke in der Umkleidekabine und konnte mich nicht entscheiden, mich nicht durchringen. Scheinbar bin ich aber nicht die einzige Person mit diesem Problem, denn in der Umkleide waren drei beschriftete Haken: kaufen, zurück, vielleicht. Warum ich davon schreibe? Ich möchte das vergangene Grenzgänger Festival heute, knapp zwei Monate später, noch einmal rekapitulieren. In der Umkleide kann ich die Kleidungsstücke auf drei Haken sortieren. Meine Erinnerungen sortiere ich ebenfalls: Was soll bleiben, was kommt weg und worüber sollte man noch einmal nachdenken?
Dieses Jahr war vieles, eigentlich alles, ganz anders. Folglich kam der Mut, etwas Neues zu probieren. Das passt gut und kommt auf den „soll bleiben“-Haken. Es kostet Kraft und wird meistens von der Gewohnheit verdrängt. Aber wenn nichts mehr so ist wie immer, dann kann auch nicht so vorgegangen werden wie immer. Zwangsläufig ist der Versuch mit etwas ganz Neues, ganz Anderes zu entwickeln. Gut damit kombinierbar und ebenfalls auf dem „soll bleiben“-Haken: einfach mal machen, ausprobieren. Alles anders, alles neu, nichts so richtig planbar. Und trotzdem der Wille, ein Experiment zu starten, einen Versuchsballon steigen zu lassen und es einfach zu probieren. Letztendlich ist alles besser, als zu erstarren und nichts zu machen.
Die Technik birgt viele neue Möglichkeiten, Live-Übertragungen schalten Freund*innen und Familie aus aller Welt dazu, Zoom-Performances entwickeln eine eigene Ästhetik. Die Technik kommt auf den „vielleicht“-Haken, denn sie funktioniert nur gut kombiniert. Direkt auf den „kann weg“-Haken hänge ich die plötzliche Umstellung auf digitale Proben. So schön das Digitale auch sein mag, irgendwie sitzt es doch nicht so richtig. Etwas fehlt. Theater lebt vom Miteinander, von der Begegnung. Theater lebt von Gesprächen im Gegenüber, von Körperkontakt, von in die Augen schauen. Theater ist nicht digital. Richtig gut passt auch der Ersatz von Theater durch Film nicht und kommt deswegen auf den „kann weg“-Haken. Ein Medienwechsel ist nämlich gar nicht so einfach. Theater ist Theater. Film ist Film. Und wenn schon Film, dann auch richtig. Mit Konzepten, Bildern und Texten, die auf einem Bildschirm funktionieren. Auf den „vielleicht“-Haken hänge ich die neuen Spielorte. So eine Bühne, meistens als Black Box, ist ja schön und gut und gehört auch definitiv dazu, ist aber auch sehr basic. Wie spannend ist die Erkundung der Stadt, die Öffnung in die Stadt. Weg von den Bühnen, von angestammten Orten. Weg vom Gewohnten, erprobten Spielweisen und auch dem immer gleichen Publikum. Das ist mutig und manchmal schmerzhaft, ja. Aber die Stadt eröffnet unzählige Möglichkeiten und macht Theater einem Publikum zugänglich, das spontan vorbei kommt und sonst nicht einmal einen Gedanken daran verschwenden würde. (Und seien wir einmal ehrlich, kaum eine bespielte Black Box kann wohl die Stimmung eines Sonnenuntergangs am Hamburger Rathaus erzeugen!)
Auf den Haken hängt einiges. Irgendwie würde ich immer noch gerne meine Basic Shirts kaufen, bin mir noch nicht so sicher, ob ich die bunten und besonderen Sommerkleider auf den „kaufen“-Haken mitnehmen und für die auf dem „vielleicht“-Haken noch die richtige Kombination finde. Aber Back to Basic, das ist eigentlich keine Option mehr, wenn man einmal etwas Anderes ausprobiert hat. Auch wenn die Sicherheit und das Gewohnte verlockend ist, geht es nun doch darum, die Dinge auf den „soll bleiben“-Haken in den eigenen Kleiderschrank zu integrieren und für die Dinge auf dem „vielleicht“-Haken noch neue Kombinationen zu suchen. Ob es diese schon gibt oder sie erst noch gefunden werden müssen, das gilt es herauszufinden. Aber so eine Erkundungstour macht Freude, sie eröffnet neue Möglichkeiten, neue Sichtweisen. Und darum geht es doch schließlich. Auch im Theater. Oder gerade im Theater.
Grenzgänger Festival 2020. Online. Digital. Live.
Das Grenzgänger Festival der Reihe Thalia Treffpunkt zeigt an 8 Tagen 12 Projekte mit insgesamt 385 Mitwirkenden – dieses Jahr größtenteils online. Dafür haben die Gruppen ihre eigentlich für die Bühne gedachten Inszenierungen der veränderten Situation und einem veränderten Medium angepasst und präsentieren sich in kürzeren und längeren Videos. Diese finden sich ab dem angegebenen Zeitpunkt für jeweils 24 Stunden online unter thalia-theater.de/grenzgaenger. Drei Produktionen sind darüber hinaus auch live open-air in Hamburg zu sehen.
Schaut für weitere Einblicke auch gerne einmal bei Instagram (@thaliajungundmehr) oder Facebook (@Thalia jung&mehr) vorbei.
Wir laden Euch alle ganz herzlich zum Festival-Rückblick am Do, 18.06. um 19:15 Uhr via Zoom ein. Wenn ihr daran teilnehmen möchtet, schreibt eine kurze E-Mail an neele.von.doehren@thalia.theater.de, dann schicken wir Euch die Zugangsdaten für das Meeting zu!
Festivalleitung Herbert Enge in Zusammenarbeit mit Anne Katrin Klinge, Neele Peters und Neele von Döhren
Die Programmübersicht (Zum Download HIER klicken)
DI, 09. JUNI 2020
um 17 Uhr Umzug durch Jenfeld begleitet mit einem Livestream
NEVER ENDING STORIES Thalia Treffpunkt in Kooperation mit Jenkitos und Deluxekidz e.V.
Künstlerische Leitung Catharina Boutari
DO, 11. JUNI 2020
um 19 Uhr online
HAMLET Thalia Treffpunkt Voodoo-Kinder
Leitung Pascal Houdus & Steffen Siegmund
FR, 12. JUNI 2020
um 19 Uhr Liveperformance auf dem Rathausmarkt & Video online
UTOPIA Thalia Treffpunkt-Jugend-Performance-Gruppe reset
Regie Alina Gregor
SA, 13. JUNI 2020
um 20 Uhr Liveperformance auf dem Allendeplatz & Video online
NICHT FRAGEN… Thalia Treffpunkt-Studierenden-Performance-Gruppe
Regie Alina Gregor
SO, 14. JUNI 2020
um 19 Uhr online
3 MAL INTERNATIONAL UND MEHR
mit
Sorry, not Disney
Thalia Treffpunkt internationale Jugendgruppe
Leitung Philipp Weggler & Lea Wendschuh
This is us – Corona und wir
Eine Kooperation von Thalia Treffpunkt und Jugendmigrationsdienst des CJD Hamburg
Künstlerische Leitung Altamasch Noor & David Mullikas
Grundrechte – Greif zu!
Theatergruppe SISU im Projekt All Inclusive des Goldbekhaus e.V., in Kooperation mit der Embassy of Hope im Thalia Gaußstraße
Regie und Anleitung Andrea Keller, Christina Heitfeld
MO, 15. JUNI 2020
um 19 Uhr online
3 MAL EISENHANS: SUCHE NACH… Eine Kooperation von Thalia Treffpunkt und Leben mit Behinderung Hamburg und mit der Filmförderung von Hamburger Abendblatt hilft e. V.
mit
SUCHE NACH… Sekundenglück oder Am Ende sterben wir alle
Leitung Lea Wendschuh
SUCHE NACH … Zukunft
Leitung Katja Meier
SUCHE NACH … Zuflucht
Leitung Marat Burnashev
DI, 16. JUNI 2020
um 19 Uhr online
YOU PERFORM digital Eine internationale Jugendbegegnung
Moderation Nehle Mallasch, Lea Wendschuh
DO, 18. JUNI 2020
um 19 Uhr online
ZETA
Leitung Jan Phillip Meyer
DO, 18. JUNI 2020
um 19:15 über Zoom
FESTIVAL-RÜCKBLICK mit allen Projektleitenden
Leitung Herbert Enge
Danke
Für tatkräfige Unterstützung bedanken wir uns bei
Markward Scheck, Ole Steinführer, Luca Kowalinski (Video)
Maren Dey, Claudia May, Gesine Lang (Kommunikationsabteilung)
Tilmann Cassens, Benjamin Blessing, Tjark Görlich (Technik Gauß)
Marten Voigt, Maria Bux (Malsaal)
Ullrich Hübener, Hendrik Glax (Ton)
Ralf Gebert & Team Requisite
Rasmus Rienecker (Video extern)
Ein besonderer Dank gilt Henrik Woelk (Leitung Voderhaus Gauß)!