Rezensi
onen zu
Die Bes
essenen

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Mit dem Eintreten in den Theatersaal beginnt das Meisterwerk. Surreale Wesen benetzen Boden und Wände der, in Kreide getäfelten, Bühne. Unterschiedlichste Bilder, unterschiedlichste Szenerien bieten die grotesken Kreidegestalten, hier und da winden sich Körperfragmente von Menschen aus dem dichten Wald an fantastischen Figuren und in der Höhe, getragen von einer, mit Geländer flankierten Plattform, steht der Kreidekünstler. Während des ganzen Stückes steht er da und vollendet mit geschickten Kreidezügen sein Werk.

 

Das Stück beginnt unmittelbar, keine Lichter, die ausgehen, keine laute Musik, die um Aufmerksamkeit dröhnt. Das Schauspiel findet einfach statt und fesselt von Sekunde 1 an die Neugier des Publikums. Wenn nicht schon das Kreidewerk im Hintergrund von einem Besitz ergreift, dann sind es die flinken Dialoge, die gestochen intelligent, wie zum Gröbsten informell blieben. Ein gewaltiges Theater mit Ekstasen, Blutbad und klugem Dialog, wie Monolog faszinieren und erfreuen.

 

Die Seele Albert Camus blitzt beizeiten auf und glüht wohlmöglich länger, würde man sich ein wenig intensiver mit den Schriften Camus und seinem revolutionären Hintergrund auskennen. Sozialismus, Nihilismus, Kommunismus und Frauenrechte bringen die Darstellenden in reges Treiben und das Publikum zu Gedankenwallungen. Ein Stück, welches sich nicht nur auf der Bühne abspielt, sondern das Publikum als Teil von sich begreift, denn gezielt werden die Zuschauenden mit Licht und Sprache miteinbezogen und in einen Mordfall verstrickt.

 

Allem in allem ein großartiges Schauspiel mit Humor, Philosophie und verschiedensten Formen von Kunst. Trotz der 2 ½ Stunden, denen eine Pause nicht schlecht getan hätte (ist nur die Frage, wo sie reingepasst hätte), bringt es super viel Spaß, das Stück mit zu erleben. Die Besessenen werden mir noch lange im Kopf bleiben, die Erinnerung wird mir mysteriöse und grübelnde Freude bereiten, denn es gibt, denke ich, noch Einiges, worüber es sich lohnt nachzudenken.

 

Malou, Gebrüder-Humboldt-Schule Wedel, 16 Jahre (gesehen im Feb. 2023)


Die Besessenen

 

Oh, das Bühnenbild!

Dieses Bühnenbild, das Motive von Hieronymus Bosch aufgreift, wird während des Stücks weitergemalt (Tim Burchardt), währenddessen Stephan Trofimowitsch Werchowenski (Barbara Nüsse) im Kreise seiner Schüler über die Wahrheit philosophiert. Diese stellen verschiedene Positionen des linken Spektrums im zaristischen Russland dar. Diese werden aber nicht nur durch ihre Unterschiede in Konflikte getrieben, sondern haben auch noch private Probleme, welche in erster Linie mit dem verkrampften Umgang mit Sexualität und anderen Unzulänglichkeiten des Menschen zu tun haben. Irgendwann entschließt sich einer, den anderen zu ermorden, um die Gruppe zu einen.

Das Markanteste an dieser Inszenierung ist auf jeden Fall das Bühnenbild. Auch fängt sie die Konflikte innerhalb einer revolutionären Gruppe ein und bricht die Überzeugungen auf einzelne Individuen herunter.

„Die Besessenen“ empfiehlt sich vor allem Personen, welche sich für die beginnende Moderne und deren kulturelle Rezeption interessieren. Sie bietet aber auch für dieser Epoche nicht zugeneigten Zuschauer:innen ein interessantes und unterhaltsames Erlebnis.

 

Julius Leonel Himstedt, Stadtteilschule Blankenese, Jg 13