Pressestim
men zu Die Marx-S
aga

„Regisseurin Christiane Pohle umkreist die Marx-Saga nun anhand des gleichnamigen Romans (1993) des Spaniers Juan Goytisolo. Der schickt einen Autor Anfang der Neunziger auf die Spuren von Karl Marx und lässt ihn zusehen, wie das Bild seines Helden zusehends in Einzelteile zerfällt. Auch Christiane Pohle versucht gar nicht erst, das Phänomen in Gänze zu fassen; die Regisseurin klaubt sich Bruchstücke aus Gedankenwelt und Biografie, inszeniert Tableaus und Talkshow, Familienaufstellung und Beichte. Ein Bilderbogen quer durch den leeren Raum, über den Bühnenbildnerin Annette Kurz eine Anzeigentafel gehängt hat, die selten mehr als „Out of order“ verkündet. Darunter irrt der namenlose Autor (Tilo Werner) herum, verheddert sich zwischen dem eigenen Anspruch, dem Denker ein Denkmal zu setzen, und dem Ansinnen seines Lektors, der in der zeitweisen Armut der Familie und den Kapriolen des Haustyrannen „alle Zutaten für einen wahnsinnigen Verkaufserfolg“ entdeckt. So richtig scheint sich nicht mal Marx selbst in diesem Sammelsurium zurechtzufinden - so wie der Schauspieler Josef Ostendorf darin herumsitzt, in Cordhose und Strickjacke das XXL-Double des ratlosen Autors. Er ist der stolze Patriarch, der mit der Familie im Fernseher die Ankunft albanischer Bootsflüchtlinge in Italien verfolgt. Der sich von Abraham abkanzeln lässt. Und der den schlierigen Talkshow-Moderator in einer brillanten Parade über die Rolle des Verbrechers in der Gesellschaft pariert. Ostendorf tut nicht viel - er ist in seiner ganzen Leibesfülle einfach da. So anwesend wie Marx' Ideen bis heute.“ - Kieler Nachrichten

 

„Wie eine Erinnerung an einen längst vergangenen Traum ,in dem Arbeiter unter schlimmsten Bedingungen in Fabriken schufteten und Revolutionen in englischen Bibliotheken ausgetüftelt wurden, hat die Regisseurin Christiane Pohle Ihre Dramatisierung von Juan Goytisolos Roman „Die Marx-Saga“ (1993) angelegt. […] Die dünnen, verwehenden Klänge , die düstere, ärmliche Bühne und die unauffälligen, grau-bräunlichen Kostüme von Sara Kittelmann verleihen der überlegt zurückhaltenden Inszenierung eine kühle Melancholie ohne alle ideologische Aufdringlichkeit. […] Die denkfreudige, zwischen Galgenhumor und Resignation balancierende Inszenierung macht sich nicht klüger, als Marx und Genossen es waren. Dass derartige Aufführungen in jeder Hinsicht farbenfroher sein können, weiß Christiane Pohle selbst. Dass draußen vor dem Thalia Theater nach Ladenschluss in den Eingängen der Kauf- und Bürohäuser die Obdachlosen übernachten, wohl ebenso.“ - Frankfurter allgemeine Zeitung

 

„Die Regisseurin bemüht sich nicht um fixe Antworten. Vielmehr an Irritationen und Gedankenanstößen scheint ihr gelegen. Sinnfällige Mittel dafür bilden die Auflösung eines klaren Handlungsfadens, choreographische Bewegungsabläufe, Lieder oder auch abrupte Zeitsprünge.“ - Die Zeit

 

„Die Inszenierung macht die Probe aufs Exempel: Sie schickt Familie Marx in historischen Kostümen auf die Bühne und dämmt das Licht. Das sieht wie 19. Jahrhundert zwar aus, doch Jenny Marx (Oda Thormeyer) versichert glaubhaft, dass sie nie so gekleidet war und so nie geredet hat. In solchen Szenen deutet sich die Klugheit des Abends an, der sich über gängige (pseudo)künstlerische Erzählweisen nicht erhebt, sondern sie aufgreift und so ihren ideologischen Kern freilegt. Um nicht selbst in diese Falle zu tappen, predigt die Inszenierung zwar keine Renaissance des Marxismus, dessen wichtigsten Thesen bringt es gleichwohl zu Gehör. Und ohne Hintersinn ist es wohl nicht, dass am Ende auf der Anzeigentafel under construction steht: im Bau. Ob die Regisseurin deshalb so viele laute Buhs bekam? Der Bettler zieht aus den langen Gesichtern, die ihm entgegenkommen, derweil seinen eigenen Schluss: „Da sehe ich aber schwarz“, kommentiert er die Aussicht auf eine milde Gabe. Manchmal wirkt das Theater eben doch direkt.“ - Der Freitag