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Hamlet von William Shakespeare, Regie Jette Steckel

Ein wunderbar inszeniertes Stück mit vielen Facetten. Zeit und Geduld sind für den Genuss jedoch eine Grundvoraussetzung, denn die erste Hälfte des Stücks zieht sich äußerst lang. Aber durch die lange Spielzeit wird ein wirkliches Spektakel der Gefühle geboten, jedoch ist es für die schwere Materie auch nicht einfach am Geschehen dran zu bleiben. Die Inszenierung ist nicht einfach. Immer wieder wechseln die Schauspieler:innen zwischen aktiv gespielter Rolle und der „scheinbaren“ Wirklichkeit. Das bedeutet: ohne eine gute Kenntnis des Originals ist man schnell verloren. Trotzdem empfehle ich das Stück. Es ist nicht essenziell notwendig, alles zu verstehen damit die Inszenierung gefällt. Das Thalia-Ensemble bietet eine unglaubliche schauspielerische Leistung. Der kriechende Wahnsinn Hamlets, die skrupellose Art des Königs und die verlorene Liebe der Mutter ziehen einen in den Bann. Der Wechsel zwischen Komik und Trauer ist definitiv sehenswert, wenn auch nicht leicht zu durchdringen.

09. Januar 2023, Ronja Hars, Erich-Kästner- STS, 13. Klasse

 


Fast jeder kennt das berühmte Zitat „Sein oder nicht sein“. Es stammt aus dem Werk „Hamlet“ von William Shakespeare, welches um 1600 in England uraufgeführt wurde. Die Tragödie scheint verwirrend, mit den verschiedenen Handlungssträngen, die in einen politischen Konflikt eingebettet sind. Um den groben Überblick zu bekommen sollte man wissen, dass Hamlet, der Prinz von Dänemark, seinen ermordeten Vater rächen möchte. Claudius, der Mörder, ist der rechtmäßige Nachfolger des ermordeten Königs und stirbt durch die rachsüchtige Hand Hamlets. Es folgen Intrigen und Kämpfe bis schließlich Hamlet bei dem Kampf mit Laertes stirbt. Dieser möchte den Tod seiner Schwester Ophelia rächen, mit der Hamlet mehr oder weniger eine Liebesbeziehung führt. Diese ist nach dem Tod von Polonius, ihrem Vater verrückt geworden und begeht Selbstmord. Am Ende ist das herrschende Geschlecht ausgelöscht und Dänemark gehört dem verfeindeten König von Norwegen. Zwischen Hass und Vergeltung blitzt ab und zu etwas Liebe hervor, doch da es eine Tragödie von Shakespeare ist, kommt es wie es kommen muss und der Hauptdarsteller, sowie viele der weiteren mitwirkenden Personen, enden im Tod. Im Thalia Theater kommt die zeitlose Tragödie wieder auf die Bühne, verpackt in Soziale Medien wird der Anfang des Stückes dem Publikum nahegebracht. Die Inszenierung von Jette Steckel ist, wie es nicht anders sein kann am Hamburger Thalia Theater, eine moderne Interpretation des Theaterstückes von Shakespeare. Wenn man altmodische Kostüme und Original-Text erwartet ist man definitiv falsch. Typisch Thalia halt.

 

Es beginnt mit einer live Übertragung auf einer Leinwand vor der Bühne. Die Schauspieler befinden sich nicht dort, wo man sie bei einem Theaterstück eigentlich vermuten würde, sondern gemischt unter das Publikum im Eingangsbereich. Hier findet die Trauerfeier und Krönung des neuen Königs statt. Das Stück beginnt und man ist zuerst verwirrt, warum niemand auf der Bühne steht, doch durch die Live-Übertragung im Instagram-Livestream-Stil wird der Anfang auf die Bühne übertragen. Man kann sich entscheiden, ob man live dabei ist oder sich lieber das Geschehen von seinen Plätzen aus anschaut. Nach dem unüblichen Einstieg läuten die Klingeln und alle Besucher strömen zu ihren Plätzen und nach kurzer Wartezeit verdunkelt sich das Theater und das Schauspiel im Schauspiel beginnt auf der Bühne. Zwischen dem Anfang und der Inszenierung auf der Bühne gibt es mehrere Verbindungspunkte, die sich durch das ganze Stück ziehen. Zum einen zwei Berichterstatter in schwarz-weiß gestreiften Anzügen (Rosencrantz und Guildenstern). Sie leiten den Livestream, setzten sich ins Publikum und finden sich auch gemeinsam mit Hamlet auf der Bühne wieder. Zum anderen gibt es den König und Witwe im Zuschauersaal, wie auch auf der Bühne. Das minimalistisch Bühnenbild wird durch eine riesige schwarz-graue Kugel dominiert. Die Welt? Der Kampf gegen diese Welt? Den Sinn dahinter muss wohl jeder selber herausfinden. Jedoch wird durch das minimierte Bühnenbild häufig viel Platzt zur Interpretation gelassen. Einzelne Szenen werden durch einer Sängerin begleitet, die mit ihrem Gesang das Geschehen untermalt. Ebenfalls unterstützt ein DJ musikalisch die Darstellung des Stückes.

 

Wenn man sich vorher nicht genauer mit dem Original-Stück und der Handlung auseinander gesetzt hat, ist es an manchen Stellen schwierig und mühselig den roten Faden nicht zu verlieren und bei einer fast 4stündigen Aufführung kann das schon anstrengend werden. Es kann auch verwirrend werden, wenn man sich mit dem Stück vorher befasst hat. Es ist nunmal eine kreative Umsetzung der alten Tragödie. Die Grundzüge der Handlung des von Shakespeare verfassten Theaterstückes werden zwar dargestellt, jedoch häufig abstrakt sowie schauspielerisch sehr beeindruckend. Beeindruckend und irgendwie auch einschüchternd ist es am Anfang, als Hamlet wie verrückt mit einer Axt auf den Boden schlägt, bis dieser zersplittert und er sich in das entstandene Loch legt, aus Verzweiflung und Wut getrieben, da er von dem Mord seines Vaters erfahren hat. Auch der prägende Satz „Sein oder nicht sein.“, der gefühlte hundertmal durch den Hauptcharakter, sich mit dem Textbuch von „Hamlet“ schlagend, dargestellt wird, hinterlässt beeindruckte Gesichter. Man erkennt Hamlets innere Zerrissenheit, zwischen Todessehnsucht und Rachedurst.

 

Ich kann das Stück mit ruhigen Gewissen Shakespeare begeisterten Theatergänger*innen empfehlen, die bereit sind ein etwas abgefahrenes Stück zu sehen. Schulklassen würde ich jedoch von dem Stück eher abraten, da es lang ist und man sich sehr konzentrieren muss, um dem Geschehen folgen zu können. Man sollte sich am besten vorher etwas mit der Materie „Hamlet“ beschäftigt haben, um Zusammenhänge leichter verstehen zu können. Es ist halt modernes Theater, entweder man mag es oder man mag es nicht und ich mag es!

 

27.02.2020 von Mimi Bergmann, Jürgen-Fuhlendorf-Schule, Klasse 11


 

Der König ist tot, lang lebe der König!  Die neuen und alten Könige sind auf der Hochzeit des Königspaares in Dänemark willkommen. Die Zuschauer:innen sind mittendrin und etwas ist faul in diesem Staat. Diese Inszenierung von Jette Steckel am Thalia Theater Hamburg erzählt die Geschichte des Prinzen Hamlet, der durch ein Theaterstück den Mord seines Onkels an seinem Vater aufdecken will und dadurch, sowie durch den ihm erscheinenden Geist seines Vaters, dem Wahnsinn verfällt. Eigentlich folgt die Handlung der Inszenierung dem Original: Hamlets Onkel heiratet seine Mutter, Hamlets Liebe Ophelia wird durch ihren Vater Polonius von ihm verführt, er entlarvt seinen Onkel im Theater, sein Vater erscheint ihm und er monologisiert über die Frage nach dem „Sein oder Nichtsein“. In seinem Wahn tötet Hamlet nun Polonius, wofür er verbannt wird. Als er zurückkehrt, erwartet ihn Polonius' Sohn Laertes und die beiden duellieren sich. Am Ende sind alle tot.

Das Bühnenbild ist postmodern in Schwarz gehalten und wird durch eine riesige Kugel ergänzt, die vielleicht die psychische Belastung darstellt. Auch werden mehr als einmal Falltüren verwendet. Der Bruch der vierten Wand, der dadurch entsteht, dass der König, seine Frau und Hamlets Freunde im Publikum sitzen, erinnert in Teilen an die von Terry Pratchett in seinem Roman "McBest" verwendeten Elemente aus Hamlet. Auch lässt sich das besonders extravagante Auftreten der Königin als Zeichen deuten, dass ihr Verhalten einen wichtigen Teil zu Hamlets Fall beiträgt.

„Hamlet“ am Thalia mit türkischen Untertiteln, deren Qualität leider nicht einzuschätzen sind, ist vor allem im Vergleich zu „Iphigenia“ eher originalgetreu und durch seine Länge eher langweilig. Doch ist die Inszenierung für Theaterfans, die eine vergleichsweise originalgetreue und doch nicht klassische Inszenierung sehen wollen, durch die hervorragende Qualität des Schauspiels und die vielen Details durchaus lohnend, ansonsten empfehle ich Sie Schulgruppen jedoch nicht. 

 

Julius Leonel Himstedt, Stadtteilschule Blankenese, Jg 13


Hamburg den 11.02.2024

Schräg, schräger, Hamlet. Eine unfassbare Inszenierung, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Eine echte Sinneseindrucks - Überflutung. Jette Steckel kreiert einmal wieder ein Meisterstück auf der Bühne. Das Publikum wird soweit miteinbezogen, dass es kaum bemerkbar ist, dass hier Theater gespielt wird. „Sein oder nicht sein?“ das ist hier die Frage. Wer ist wer? Wer macht was? Es ist wirklich nicht einfach dem Geschehen zu folgen. Dafür ist es umso einfacher in die Selbstreflexion zu verfallen, um sich mit den gezeigte Gefühlen und Gedanken auseinander zu setzten. Ohne Kenntnis des Originals ist es wirklich sehr schwer das Geschehen zu verstehen, deswegen empfehle ich sehr, das originale Drama von Shakespeare vor dem Stück gelesen zu haben.
Das Stück ist voller Überraschungen, die teils überraschend, unverständlich, gar erschreckend sind. Jedoch gibt es auch etwas zu lachen und das Ende ist ein enormer Plottwist.

Ein schweres Stück, für Theaterliebhaber, die gerne Schwerverdauliches genießen.

 

Jacqueline Kiwitt, 12.Klasse des Gymnasium Hochrad