Rezensionen zu
Das En
de vo
n Eddy

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14. Januar 2019
Frische Luft, grüne Wiesen, Nachbarn, die noch wissen, wie man heißt: Heutzutage romantisieren sich viele in die gemütliche Dorfidylle rein. Doch dass ein kleines Dorf unwahrscheinlich eng sein kann, gerade wenn man nicht der Mehrheit angehört, stellt Alek Nimieros Inszenierung von „Das Ende von Eddy“ sehr eindringlich dar.

Eddy Bellegueule erlebt seine nicht gerade behütete Kindheit in einem französischen Dorf. Ärmlichste Arbeiterverhältnisse, der Vater Alkoholiker, die Mutter desinteressiert an den Sorgen ihrer Kinder; unter diesen Umständen hätte jeder schon genug zu leiden. Aber Eddy ist auch noch homosexuell. Von klein auf wird er deshalb als Schwuchtel beschimpft und verprügelt, legt sich zum Scheitern verurteilte Fake-Beziehungen zu und haut am Ende (zum Glück) aus der erstickenden Enge seines Dorfes ab. Um nun sein autobiografisches Werk „Das Ende von Eddy“ unter dem neuen Namen Édouard Louis der Welt zu präsentieren.

In Alek Nimieros Inszenierung steht Steffen Siegmund als einziger Schauspieler auf der Bühne. Er ist Eddy Bellegueule, der manchmal sehr lebhaft, manchmal sehr distanziert über sein altes Dorfleben redet. Zwischendurch wirkt dieses Nacherzählen wie eine eintönige Therapiesitzung und manchmal hat man das Gefühl, dass Steffen Siegmund den Text vergessen hat, wenn er stillschweigend ins Leere starrt. Größtenteils ist man jedoch verwundert über diesen einen Schauspieler, der mit gewandter Redekunst, Übertreibungen oder wahnwitziger Ironie die Zuschauer sowohl zum Lachen als auch zum Weinen bringt. Zum Teil darf man diese antagonistischen Gefühle auch gleichzeitig erleben, wenn Eddy mit breiten Grinsen und ausführenden Gestiken doch tatsächlich von der Fehlgeburt seiner Mutter redet.

Unterstützt wird Solo-Sternchen Steffen Siegmund dabei von Tom Gatza, der mit Klavier und Bass die nötigen musikalischen Effekte abliefert. Gerade weil die ziemlich kleine Bühne nur von einem Podest „ausgeschmückt“ wird, ist es vor allem die Musik, die das passende Ambiente erzeugt und perfekt mit Steffen Siegmunds Schauspielkunst harmoniert.

Letztendlich gibt es bei Alek Nimieros kreativer Inszenierung von „Das Ende von Eddy“ viel auf die Ohren. Doch die tragische Geschichte von Eddy Bellegueule wird von Steffen Siegmunds talentiertem Soloauftritt und Tom Gatzas on point-Musikeinlagen exzellent umgesetzt, sodass man nach spannungsreichem Mitfiebern wahrlich froh ist, dass Eddy alias Édouard Louis der erniedrigenden Enge seines alten Lebens entfliehen konnte. Dorfidylle auf Nimmer-Wiedersehen!

Luise Lämmerhirt, Leibniz Privatschule Elmshorn, Jg 13