Rezensionen zu
Kollap
s – Ein dystopis
cher Abend

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Wir kennen sie alle, die Welt in der Babys konditioniert und junge Menschen indoktriniert werden. In der Menschen gesellschaftlichen Kasten angehören, aus denen sie unmöglich ausbrechen können. In der permanente Befriedung lediglich durch Konsum, Sex und Drogen erreicht wird und den Mitgliedern der Gesellschaft das Bedürfnis zum kritischen Denken und Hinterfragen ihrer Weltordnung genommen wird. In der die Welt durch eine sehr kleine Gruppe mächtiger Menschen regiert wird, die von der Bevölkerung wie Idole verehrt, und wahre, langzeitige menschliche Beziehungen ein immer seltenes Phänomen werden.
Spüren Sie es schon? Das komische Gefühl in Ihrer Magengrube, weil Sie sich unsicher sind, ob ich gerade über die von Aldous Huxleys erschaffene Welt „Brave New World“ aus dem Jahr 1932 schreibe, oder von der Welt, die wir uns selber erschufen? Ohne Frage haben Huxleys und Orwells Dystopien aus den 30er und 40er Jahren mehr Parallelen mit unserer heutigen Welt, als die Linien auf meinem Geodreieck.
In einer Zeit, in der Siri und Alexa meinen Einkauf erledigen, während ich im Homeoffice vor dem Retina 900 Display arbeite und meinem, aus dem Katalog zusammengestellten, Designerbaby als Bespaßung das Handy reiche, ist es nicht verkehrt zu überlegen, in was für eine Richtung unser Gesellschaft sich entwickelt und welche Werte wir dabei behalten. Genau mit dieser Frage beschäftigt sich die szenische Lesung „Kollaps - ein dystopischer Abend“
Die Stimmung ist ausgelassen, das Thema ernst. Mit Anzug und Kleid kommen wir ins Nachtasyl, wo alle mit einem Bier in der Hand auf frei gewählten Plätzen das Schauspiel verfolgen. Ich empfehle diese Vorstellung allen, die die bekannten dystopischen Werke nicht nur als Pflichtlektüre hektisch einen Tag vor der Klausur auf Wikipedia zusammengefasst lasen, sondern die gefesselt von den Geschichten sind. Wenn man die Textpassagen gut kennt, ist die Inszenierung hoch interessant. Weiß man jedoch nichts mit den Werken anzufangen, so scheint die Vorstellung wie ein kurioses Durcheinander mit wirr zusammengewürfelten Texten. Als Tipp gebe ich mit, sich im Nachtasyl lieber für die gemütliche Hose und den Lieblingspulli zu entscheiden. Sonst fühlt man sich zwischen den lässig angezogenen Studenten schnell etwas fehl am Platz. Ansonsten ist die lockere Atmosphäre aber eine großartige Abwechslung zu den anderen Theaterabenden, wo man sich als Schülerin als einzige keinen überteuerten Sekt in der Pause leisten will oder kann. Für alle, die unsere Zukunft interessiert, ist das Stück eine gute Alternative zu Instagram und Facebook, um den Abend zu verbringen. Vielleicht will man nach dem Abend auch ganz auf Instagram und Facebook verzichten.

Liliána Takács, 12. Klasse der Sophie-Barat-Schule