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Mit dem Aufbrausen des Applauses verschwand der Zauber der sich durch das ganze Stück zog aus dem Raum, aber nicht aus den Köpfen der Zuschauer.
Während Paul Schröder und Jirka Zett sich lächelnd und erschöpft verbeugen, lässt man das Stück noch auf sich wirken. Es ist die Abschlussarbeit des Regisseurs Antú Romero Nunes und obwohl es Jahre her ist, dass sie erstmals auf der Bühne gespielt wurde, wirkt sie immer noch frisch und zauberhaft.
Der schüchterne Prinz und sein lebhafter Begleiter erzählen die Geschichte, wobei der Prinz weniger erzählt und mehr erlebt. Doch das hält ihn nicht davon ab, mitzubestimmen. Nein, der Prinz lässt sich jetzt nicht die Hand auf die Schulter legen. Er schlägt sie weg. Egal, dass die Hand da jetzt wieder liegt. Der Prinz schlägt die Hand weg.
Dieses Hin und Her und Quergestelle des Prinzen führt immer wieder zu Schwierigkeiten der beiden Figuren.
Oder doch zwischen den Schauspielern? Während des ganzen Stückes ist immer wieder nicht klar, was zwischen den Figuren stattfindet und was zwischen den Schauspielern. Die Grenze verwischt. Außerdem stellt man sich zwischendurch die Frage, ob es überhaupt noch gespielt ist.
Mit dieser Art wird der Zuschauer vom Stück distanziert und denkt mehr darüber nach.
Nunes schafft es innerhalb dieser zwei Stunden den Roman mit wenigen Requisiten, viel Nebel, Wind und Musik auf die Bühne zu bringen und den verwirrend erscheinenden Inhalt den Zuschauern ans Herz zu legen.
In dem Stück geht es um den Glauben, auf der einen Seite, in kleinem Teil, um den religiösen Glauben, wodurch er entsteht und wie er gelebt wird. Aber vor allem geht es darum, was man glaubt und was nicht. Das geschieht auf zwei unterschiedliche Weisen: einmal fragt sich der Prinz an was er eigentlich glauben soll. Auf der anderen Seite fragt sich der Zuschauer was er von dem Stück glauben soll und was nicht. Vielleicht ist ja alles was passiert nur Illusion.
Es geht in einer besonderen Art und Beziehungen und Freundschaften und natürlich um die Erkenntnisse und Erfahrungen die der Prinz macht, ob irrsinnig oder nicht. Der Zuschauer hat selbst die Entscheidung in der Hand was er davon hält.
Das Stück kann jedem ans Herz gelegt werden, der sich einen zauberhaften und spektakulären Theaterabend wünscht, bei dem auch vom Zuschauer etwas gefordert wird, in mehrerer Hinsicht.
Das Stück ist sehr vielseitig, hat wunderschöne und friedliche Szenen aber auch blutige, bei denen es einem kalt den Rücken herunter läuft. Doch auch pompöse Szenen sind dabei, Zaubertricks und natürlich Geisterbeschwörung, wobei Paul Schröder sich oftmals entschuldigt und versichert, die echten Geister würden noch kommen. Und auch ich entschuldige mich für meine erklärenden Worte, dem Zuschauer der sich erhofft hat Geister zu sehen, kann ich versichern: Es werden welche kommen. (Zitat frei nach Schiller)

Hannah Schürmann, Emilie-Wüstenfeld-Gymnasium, JG 12

 

 

 

Hamburg, der 13.Januar 2019
Funktionierende Abnehmprodukte, schadstoffarme Autos, vertrauenswürdige soziale Plattformen. Heutzutage wird einem viel versprochen, aber nur wenig eingehalten. Aber keine Sorge, in Antú Romero Nunes Inszenierung von „Geisterseher“ wird dem zu oft schon irregeleiteten Zuschauer endlich das geboten, wonach er sich schon allzu lange gesehnt hat; nämlich Geister.

Entwickelt als Abschlussarbeit des nun fest etablierten Thalia-Hausregisseurs erfreut sich die Inszenierung einer Wiederaufnahme; mit originalem Schauspieler-Ensemble. Wie vor zehn Jahren am Maxim Gorki Theater Berlin hüpfen nun Paul Schröder und Jirka Zett auf der Gaußstraßenbühne herum und präsentieren Schillers „Geisterseher“.
Doch was passiert in diesem Stück eigentlich handlungstechnisch?
Naja, es gibt einen Prinzen, der sein Leben ausgelassen in Venedig genießt. Und währenddessen passiert allerlei abstruses Zeug: Geisterbeschwörer, Armenier in Umhängen und sonstige kriminelle Machenschaften. Wer dieses Stück besuchen möchte, weil er die Handlung interessant findet, geht auch ins Kino, um Popkorn essen zu können.

Interessanter ist, WIE die Schauspieler Jirka Zett und Paul Schröder als komisches Duo auf der Bühne miteinander agieren. Sie beide haben ihre ganz eigene Erzählweise der Handlung: der Eine eher linear und vernünftig, der Andere hingegen verschreibt sich dem Mystischen und Unerklärlichen. Natürlich gibt es zwischendurch unwahrscheinlich lustige Konflikte und Reibereien; wenn der Eine zum Beispiel mit dem ernüchternden Ende unzufrieden ist und es deshalb neu erfunden werden muss.

Und dann noch die Atmosphäre: Nur mit Nebel, bunten Lichtern und stimmigen Soundeffekten werden auf der requisitenarmen, schwarzen Bühne irgendwelche magischen Welten erschaffen, sodass man fast schon glaubt, echte Geister zu sehen.

Gerade dieses mystische Ambiente sorgt für die passende Spannung. Denn wenn Jirka Zett und Paul Schröder gerade keine Komikeinlage abliefern, sondern nur ein langwieriger Monolog heruntergeplätschert wird, glaubt man, sich in eine monotone Buchvorlesung verirrt zu haben.

Zum Glück kommt rechtzeitig die Wende; und der Zuschauer darf interaktive Magietricks, kreative Witze, psychedelische Effekte und ein perfekt aufeinander abgestimmtes Schauspielduo erleben.
Auch wenn es in Nunes´ „Geisterseher“ keine echten Geister sind, so bekommt man wenigstens eine wunderbar originelle Inszenierung zu sehen.

Luise Lämmerhirt, Leibniz Privatschule Elmshorn, Jg 13