Life's a b
itch and th
en you die

Life's a bitch and then you die

Ich hab für euch einmal die Einlasssituation zum Stück festgehalten, in der Absicht die Privatsphäre der BesucherInnen zu wahren, aber auch abzubilden, dass das Stück zum überwiegenden Teil von jungen Menschen besucht wurde. Das Thalia in der Gaußstraße war für mich schon immer so etwas wie der kleine, rebellische Bruder des  Haupthauses am Jungfernstieg, wo der Avantgardismus noch etwas mehr ausgereizt wird und folglich tendenziell eher jüngeres Publikum anlockt. Mit diesem Ansatz ist es auch nicht verwunderlich, dass ein Stoff wie Lars von Triers Dancer in the Dark inszeniert wird. Ein eher düsteres Stück mit einer weiblichen Protagonistin, die ihrem Sohn das vererbte Schicksal, welches sie bereits durchlebt, ersparen möchte, sich selbst aufopfert und ein tragisches Ende findet. Ich habe gelesen, dass Björk für den Film eine Auszeichnung als Beste Darstellerin erhalten hat. Ohne den Film je gesehen zu haben, glaube ich behaupten zu können, dass die schauspielerische Leistung von Lisa Hagmeister die von Björk wohl noch übertreffen dürfte. Mich hat noch nie ein Theaterstück emotional so mitgenommen wie dieses, was nur zum Teil am unglückseligen Verlauf von Selmas Schicksal lag. Am Anfang dachte ich noch: Ich bin doch hier im Theater und nicht, um in einem dunklen Raum Fernseh zu schauen (auch wenn es fünf Fernseher waren, auf denen dasselbe lief – sogar live!). Die erste Verärgerung legt sich aber schnell, wenn deutlich wird, dass der Einsatz von Licht und die Abwesenheit des selbigen geschickt als Stilmittel eingesetzt wird, um Selmas schwindende Sehkraft zu visualisieren. Dies fördert Mitgefühl, erleichtert es den ZuschauerInnen sich in ihre Lage zu versetzen und nimmt sie mit in einen Alltag, der bestimmt wird durch abgezählte Schritte,  unvorhergesehene Geräusche, monotone Abläufe und der ewig währenden Mission Geld für die zwingend nötige Operation ihres Sohnes zu verdienen und anzusparen. Auch wenn zumindest für mich nicht ganz klar wurde, warum Selma sich ausgerechnet nur diesem Bill anvertraut hat und sich am Ende so leichtfertig ihrem Schicksal ergibt, obwohl sie doch bis dato so vehement an ihrer Lebensaufgabe, sich Geld für die OP abzusparen, festgehalten hat, bleibt Dancer in the Dark ein sehr bewegendes und empfehlenswertes Stück.
Nach dem Schlussakt brauchte das Publikum einen Moment, um sich aus der Schockstarre zu lösen und zu applaudieren. Ein paar Reihen vor mir stand dann eine junge Frau auf. Ich dachte zum Beispiel beim Bambi oder den Oscarverleihungen werden weit weniger gute Leistungen mit stehenden Ovationen gewürdigt und tat es ihr gleich, woraufhin eine handvoll BesucherInnen unserem Beispiel folgten 


Thalia Campus Botschafter Martin