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Panikherz
Die Vorstellung "Panikherz" im Thalia Theater nach dem gleichnamigen autobiografischen Roman von Benjamin von Stuckrad-Barre, der im Jahr 2016 veröffentlicht wurde, ist ein eindrucksvolles Erlebnis. Die Inszenierung schafft es, die Zerrissenheit des Protagonisten sowie die Intensität seiner Emotionen auf der Bühne beeindruckend authentisch darzustellen. Die Darstellerinnen und Darsteller - Julian Greis, Franziska Hartmann, Pascal Houdus, Oda Thormeyer, Sebastian Zimmler, Felix Knopp und Kai Mertens - überzeugen mit ihren nuancierten und differenzierten Darbietungen und bringen die Höhen und Tiefen der Handlung facettenreich zum Ausdruck.
Einzigartig ist zudem die Atmosphäre, die durch die Bühnenbildgestaltung und die Lichtregie entsteht. Sie intensivieren die beklemmende oder befreite Stimmung in den entscheidenden Momenten. Darüber hinaus trägt die musikalische Untermalung dazu bei, dass das Publikum vollständig in die Welt von "Panikherz" eintaucht.
Insgesamt handelt es sich bei der Vorstellung von "Panikherz" im Thalia Theater um eine mitreißende Inszenierung, die sowohl unterhaltsam ist als auch über den Theaterabend hinaus zum Nachdenken anregt. So werden immer wieder neue Wege gefunden, die inneren Kämpfe des Protagonisten gegen Drogenabhängigkeit, Medienrummel und Selbstzerstörung und seine Suche nach Identität auf die Bühne zu bringen, was alles in allem einen unvergesslichen Eindruck hinterlässt.
Nina Luisa Quast, Jg 13, St. Ansgar Schule
3.April 2019, Hamburg. „Sich selbst zu lieben, ist der Beginn einer lebenslangen Romanze.“ Diesen Kommentar schrieb der irische Schriftsteller Oscar Wilde in einem seiner Werke nieder. Hätte man nun dem Protagonisten von Benjamin von Stuckrad-Barres autobiographischen Roman „Panikherz“ diese Lebensweisheit mitgegeben, so wäre „Panikherz“ wohl kein respektabler Bestseller geworden.
In Christopher Rüpings Inszenierung von „Panikherz“ wird das eindringliche Leben des Ich-Erzählers bestehend aus Kindheit im Pfarrerhaushalt, Liebe zur Musik Udo Lindenbergs, Aufschwung und Fall in der Popkulturszene, Drogen- und Magersucht und noch mehr Udo Lindenberg den Zuschauer*innen präsentiert.
Dabei scheint es so, als ob sich der autobiographische Protagonist in Form von Sebastian Zimmler im weißen Dandyoutfit selbst sein Leben anschaut; er ist schließlich immer auf der Bühne, meistens im Hintergrund, doch immerzu beobachtend, reflektierend. Dass das Stück voll und ganz von und für Stuckrad-Barre gemacht zu sein scheint, wird auch am Ende noch einmal angedeutet, als Sebastian Zimmler alias Stuckrad-Barre von einer „Selbsthilfegruppe“ spricht, und so zum Applaudieren aufruft.
Doch nicht nur Stuckrad-Barre analysiert und feiert sich in dieser Inszenierung; auch dem einfachen Zuschauer wird etwas geboten. So werden teilweise wirklich eindrucksvolle Szenen kreiert; eine ganze Bataillon an Requisiten und interessanten Effekten sorgt für das passende Ambiente. Teilweise wird der komplette Wahnsinn eines übertreten Drogentrips dargestellt, mit der danach auftretenden depressiven Phase. Man wird manchmal wahrlich mitgenommen in das verrückte Leben des Protagonisten, ob man dies nun will oder nicht.
Auf der anderen Seite wirkt die Inszenierung zu oft wie eine szenische Buchvorlesung: Lange Monologe, ein bisschen Rumgehampel. Immerhin noch ein bisschen interessanter als ein schnödes Hörbuch.
Zum Glück wird man nach solchen zehrenden Szenen mit dröhnender Live-Musik von Christoph Hart in die Stimmung von lauten Konzerthallen und niemals enden-wollenden Feiern gebracht.
Panik lähmt das Gehirn heißt es, doch jetzt auch noch das Herz?
Wer kennt das Gefühl nicht?
Herzrasen, schwitzige Hände, beschleunigter Atem und diese Angst etwas falsch zu machen oder etwas nicht zu schaffen. Des Öfteren handelt es sich dabei um ganz banale Dinge und trotzdem zeigen sich obige Symptome.
Doch was hat das alles mit dem Theaterstück zu tun?
Das Stück erzählt die Lebensgeschichte Benjamin von Stuckrad-Barres nach seinem autobiografischen Werk „Panikherz“.
Es wird berichtet von seiner Kindheit, seiner Jugend und dem Prozess des Erwachsenwerdens. Es werden seine Träume, seine Visionen und sein Blick, oder zumindest den, den er zu der Zeit hatte, auf die Welt offenbart.
Begleiten durch die Zeit seiner Erfolge, seiner Abstürze und seiner Sucht tut ihn Udo.
Udo Lindenberg, sein größtes Idol.
Es ist eine ehrliche, einen in ihren Bann ziehende Geschichte, die ich allen von ganzem Herzen empfehlen möchte.
Dieses Stück berührt einen und ist mental an manchen Stellen schwer zu vertragen und trotzdem sollte es meiner Meinung nach jeder sehen. Denn dieses Stück zeigt allen, wie real und schwer mentale Krankheiten sind.
Dass sie zurecht als Krankheiten bezeichnet werden, wie schwer sie zu überwinden sind und warum so viele Menschen daran zugrunde gehen.
Ich möchte allen, die an einer mentalen Krankheit leiden oder sie bereits überwunden haben, raten sich auf dieses Stück vorzubereiten, denn es ist schwer zu sehen. Zwischenzeitlich, ist es nämlich gar nicht mehr so abwegig sich in diesen Sog hineinziehen zu lassen.
Dieses Stück schnürt einem die Kehle zu und man kann nur da sitzen und nichts dagegen tun, Panik eben.
Durch die Überwindung dieser Situationen, kann man jedoch auch die Schönheit des Lebens erkennen. Ein Leben kann nicht nur gut sein. Genauso, wie Licht ohne Schatten nicht existieren kann, kann ein Leben nicht nur positive Aspekte haben.
Ohne die negativen Aspekte, wären die positiven ja nur noch halb so schön.
Dieses Stück ist ein Mischung aus extrem bunt und extrem düster, was man besonders an den Kostümen und dem Bühnenbild erkennt.
Es zeigt die Aspekte des Lebens ohne Filter, ohne Weichzeichner und doch erkennt man die Schönheit in den „Makeln“.
Man soll sein Leben lebenswert machen, es verändern, es bunt machen.
Im Glitzerregen des Lebens tanzen, denn man lebt nur einmal.
Es ist ein schönes Ende.
Marleen Segovia von Riehm, Johann-Rist Gymnasium, Jg 12
„Panikherz“- Rezension des aktuellen Theaterstücks zum Bestseller
Im berühmten Hotel Chateau Marmont am Sunset Boulevard, bringt Benjamin von Stuckrad-Barre mit „Panikherz“ die Lebensgeschichte seines Romanhelden zu Papier. An diesem Ort lässt auch Christopher Rüping sein Theaterstück beginnen. Anders als andere autobiografische Erzählungen über Sucht, behält der Erzähler in seinem Roman eine selbstgewählte Distanz bei. Im Jahr seines Erscheinens 2016, verkaufte sich dieser sofort als Bestseller, wurde viel diskutiert und ist nach wie vor ein Werk, dass mit seiner Thematik und stilistischen Feinheit viele von uns bewegt: Schreiben kann er, ist ein genauer und satirisch-kritischer Beobachter; provoziert. Selbstironisch und doch liebevoll beschreibt Benjamin von Stuckrad-Barre in „Panikherz“ die Abgründe seiner Biographie: von Alkoholsucht, Bulimie, Depression und Drogenexzessen, Aufenthalten in Entzugskliniken und erneutem Konsum.
Von Momenten in denen er rückblickend - bei seinem Versuch sich ein Leben lang, selbst abzuschaffen- nur knapp dem Tod entronnen ist. Und solchen voller Lebensfreude, Intensität und Leidenschaft. Diese galt vor allem der Pop-Musik und…Udo Lindenberg, dessen Figur sich schillernd und Glück-bringend durch das Leben des Popliteraten zieht.
Außer seiner intensiven Schwärmerei für die Rockmusik-Ikone ist Benjamin von Stuckrad-Barre zu Anfang ein klassischer Jugendlicher auf Identitätssuche und Flucht aus einer Kindheit im Deutschland der achtziger Jahre. Aufgewachsen in Rotenburg an der Wümme als viertes Kind in einer Pastorenfamilie, zeigt sich sein aus Kirchenchorproben, Blockflötenunterricht und zu Brotaufstrich deklariertem Hefe-Extrakt bestehender Alltag, besonders ungewöhnlich; ungewöhnlich geregelt und natürlich ernsthaft.
Geliebt oder gehasst wird der Autor mit dieser sehr persönlichen Story: als peinlich wahrhaftiger Fan, lebensunsicherer Hochbegabter, der selbstbezogen wie ironisch sein kann; ein Poser ist er, aber auch komisch.... Der erfolgreiche Musikkritiker, Redakteur, Talkshowmoderator und Romanautor, erzählt mit Ernsthaftigkeit, welche von absoluter Ehrlichkeit kommt, von dem „was ihm wirklich wichtig ist“.
Alles andere interessiere ihn schon lange nicht mehr.
Auf den 576 Seiten von „Panikherz“ entblößt Benjamin von-Stuckrad-Barre dem Leser das Innere seiner Seele, schnörkellos und ohne Korrekturen vorzunehmen. Der Glanz der Oberflächliche verschwindet, darunter befindet so etwas wie die wirkliche Intensität des Lebens und vielleicht Wahrheit.
Die Suche nach dem „Licht“, nach Ruhm und Erfolg, nach Lebensglück, wird beendet mit diesem Bekenntnis zu dem was nun mal sein Leben ist: Letztlich gehört dazu auch die eigene Person. Und dies sei bestimmt intensiv genug und Selbstakzeptanz eine Lebensaufgabe.
Insbesondere in unserer aktuellen Gegenwart wohnt dem Text „Panikherz“ mit seiner Thematik eine einzigartige Bedeutsamkeit inne. Durch die Inszenierung Christopher Rüpings findet die Schrift eine lebendige Verarbeitung mittels besonders beeindruckender Videokunst, dem Original-Soundtrack der achtziger/neunziger Jahre, einem wunderschönen, wie simplen Bühnenbild und viel Nebel…. Ein asiatisches Udo Lindenberg-Double nimmt kurz die schützende Sonnenbrille ab…Und in der Inszenierung gibt es einen überraschenden Moment, bei dem sich Sebastian Zimmler im weißen Anzug (als Benjamin von Stuckrad-Barre) dem Publikum zuwendet und Konversation betreibt. Diese Ebene fehlt dem Roman mit seiner Ich-Bezogenheit und wird auch in der restlichen Inszenierung nicht realisiert. Möglich ist, dass jeder Zuschauer der in den achtziger Jahren schon gelebt hat, seinen Spaß mit den eigenen Kindheitserinnerungen haben wird, aber auch uns junge Menschen beschäftigt die szenische Darstellung des Romans: Sucht, Ruhm, Drogen oder Pop-Musik holen uns alle doch nur wieder ins Theater zurück.
Ira Wichert, Helene Lange Gymnasium, Jg. 12
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Eine komische Stimmung liegt in der Luft. Alle sind sie gekommen, um sich die von Bulimie und Drogen geplagte Karriere des Benjamin von Stuckrad-Barre anzuschauen. Ein wenig zu lachen - er ist ja lustig. Ein wenig weinen vielleicht? Am Ende darf man sich wie der Sieger eines asynchronen Kampfes fühlen. Man ist ja klüger. Drogen? Niemals! Da kann sich der Thalia-Gänger richtig schlau fühlen. Auch Bulimie. Wer macht denn so was? Also dünn sein in allen Ehren, aber das würde man nicht machen; man ist ja nicht wahnsinnig. Man sagt es nicht so, aber irgendwie geht man schon hin, um sich eine wenig überlegen und klüger zu fühlen. Die intellektuelle Überhand hat man vielleicht nicht gegen den klugen Pastorensohn – aber moralisch ist man ihm um Lichtjahre voraus.
Aber irgendwas ist komisch. Wer sitzt denn da? Da in der Loge. Der kommt einem ja schon bekannt vor. Und das sollte er auch. In der Vorstellung, die ich besuche, sitzen Barre und Udo Lindenberg. Irgendwie komisch. Lindenberg als unerreichbare Ikone und daneben der (ehemalige?) Popstar der Literaturszene.
Das Stück beginnt normal. Wir lernen über seine Kindheit in irgendeiner Kleinstadt nahe Hamburg. Hamburg, sein großer Traum. Verwegen. Der Kiez und die Herbertstraße. Wir lernen seine Liebe zu Lindenberg und dem Panikorchester kennen und vielleicht ein wenig verstehen. Ähnlich wie Knausgard nimmt er uns an Orte seiner Kindheit mit, an denen wir vielleicht nie sein wollten. In diesem malstromartigen Monolog. Ein drei Stunden langer Monolog. Gesprochen und gespielt von sechs Schauspielern.
Und dann geht’s los. Barre wird berühmt. Er schreibt sein erstes Buch und wird Autor bei Harald Schmidt. Nebenbei freier Autor für FAZ und SZ. In der Öffentlichkeit präsent und definitiv medienwirksam. Er gerät in einen Strom aus Drogen und Abnehmzwang.
Und es ist ein Meisterwerk, was hier auf der Bühne landet. Rüping schafft es das Leben durch Licht und grelle Effekte perfekt nachzuahmen. Also so, wie wir es uns vorstellen. Es beginnt geordnet, die Erzählung ist noch sinnvoll. Sachen passieren zwar immer hyperaktiv und im Dauerwechsel, aber das passt ja nur zu perfekt. Und dann wird es immer schwerer, die Geschichte wird immer rasanter. Immer schneller geschehen die Dinge. Wie im Rausch erzählt uns das Kollektiv auf der Bühne von Udo Lindenberg, Kokain und dem Chateau Marmont.
Plötzlich kommt eine Pause. Nach zwei Stunden, die nicht schneller hätten verfliegen können.
Danach kommt der gezähmte Stuckrad-Barre. Der, der auf Entzug war. Dessen bester Freund tot ist. Der, der jetzt nur noch Kamillentee trinkt. Er erzählt uns von Gucci-Beach und der Focaultforscherin.
Und dann ist es vorbei. Nach drei Stunden genialer Inszenierung ist es vorbei. Keine Minute kürzer hätte es dauern dürfen. Keine Minute mehr. Barre stürmt auf die Bühne und küsst in seiner ADHS getriebenen Manier die Schauspieler.
An diesem Abend stimmt alles, Musik, Licht und auch alle Schauspieler sind genial.
Auch das, was immer als Pop-Literatur abgetan wird, wirkt wie Hochkultur. Ein anderer probiert Shakespeare modern, politisch und flashy zu machen und beißt sich die Zähne dran aus.
Hier klappt's. Theater mit Moral und Hintergrund, das trotzdem Spaß macht.
Alt und Jung haben hier alle samt ihren Spaß. Einfach ein fantastisches Stück!
Paulo Sieweck, Corvey Gymnasium , JG 10
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Panikherz, Thalia Theater, 27.04.18, 20:00
Weltstar oder Drogenabhängiger? Eine alles beherrschende Frage.
Mit Metaphern vom Meer, dem alles egal ist, wahren Gedanken, darüber, was bei einem Klassentreffen mit dem Gesagten nicht übereinstimmt und mit pubertären Geschichten, schloss ich das Stück in mein Herz.
„Panikherz“ von Benjamin von Stuckrad-Barre, eine Autobiografie, in einer Bearbeitung von Regisseur Christopher Rüping begeistert mit Witz und Charme das Publikum und lässt Hände von ganz alleine zusammenschlagen. Das Stück wird aus der Ich-Perspektive von Stuckrad-Barre erzählt, dem Hauptcharakter, neben seiner Familie und Udo Lindenberg.
Regisseur Rüping bringt sieben verschiede Schauspieler/innen für den Benjamin auf die Bühne. Jede/r verkörpert eine etwas andere Facette des Protagonisten. Da auch zwei Frauen den Benjamin spielen ist man anfangs etwas verwirrt, aber schnell gewöhnt man sich daran und erkennt darin die weiblichen Anteile des von Stuckrad-Barre.
Den jungendlichen Stuckrath-Barre, früh geprägt durch Udo Lindenbergs, für ihn fast märchenhaft wirkende Lieder, zieht es in die Großstadt Hamburg, nachdem er von der Provinz in Rotenburg/Wümme nach Göttingen gezogen ist. Er macht Karriere in Hamburg und stürzt schließlich durch Alkohol und Drogen ab, doch er rappelt sich auch immer wieder auf. Seine Essstörung macht ihm das Leben nicht gerade leichter. Man weiß nie ob er es geschafft hat, oder ob ein neuer Absturz schon hinter der nächsten Ecke auf ihn wartet.
Neben ernsten, gibt es viele witzige und ansprechende Szenen. Exemplarisch hier genannt die Beschreibung des Vorgehens bei seiner Bulimie, die zwar drastisch, aber nie eklig ist. Und die amüsante Schilderung seiner Panik vor dem Klassentreffen, welches seinen allgemeinen Horror vor dem Spießertum verdeutlicht.
Die ganze Aufführung wird mit einem reduzierten Bühnenbild, Theaternebel und mit Liedern des späten 20. und frühen 21. Jahrhundert begleitet.
Mein Fazit ist, dass dieses Stück sehr gelungen und für jeden etwas ist.
Mimi Bergmann, Jürgen-Fuhlendorf-Schule Bad Bramstedt, Jg 9