Rezensionen zu
D
er Spiel
er

Schulbotschafterinnen und Schulbotschafter verfassen regelmäßig Rezensionen

 

 

Der Schein von Glamour, prestigen Familien und Reichtum sowie die weniger glänzende Realität, die von Schulden, Spielsucht und Intrigen geprägt ist, stellen die großen Themen in dem Drama „der Spieler“ dar.
Die Zuschauer strömen in den Saal, verdutzt werden die weißen, drehbaren fake-Leder Sessel erblickt (nun macht das Beharren der Garderobiere die Mäntel und Taschen abzugeben plötzlich einen Sinn). Die Zuschauer nehmen Platz, unter Beobachtung und Anwesenheit der Schauspieler, die bereits in ihren Rollen an der mittig platzierten Bar sitzen oder zwischen den silbrigen alufolienartigen Vorhängen auf- und abtreten.
Der Pianist in der Mitte der Bar sorgt für eine angenehme Lounge- Musik, welche als Endlosschleife auch die Dialoge der Rollen begleitet. Hin und wieder ertönt das Lied „Blue Velvet“. Beides ergänzt die laszive Gestaltung des Bühnenbildes.
Sebastian Zimmler führt als spielsüchtiger Alexej durch den Abend. Als Hauslehrer eines bankrotten Generals, weiß Alexej um die Lebenslagen der Charaktere Bescheid. Und bekommt die Aufgabe zugeteilt die Tante aus Moskau vom Roulettetisch fernzuhalten.
Besonders hat mir das Spiel von Alexej gefallen. Die unsichere Verhaltensweise, das Zittern und das Schmeicheln eines Spielers, sowie das triebhafte Wesen, das zum Vorschein kommt als er durch das Roulettespiel zu Reichtum gelangt, haben mich sehr beeindruckt.
Der Zuschauer weiß gar nicht wie ihm geschieht. Er dreht sich ständig zu den sprechenden Rollen und in einer Szene werden wir als Zuschauer, als „Bedürftige“ bezeichnet und von den Rollen mit Louisdor beworfen. Ein sehr amüsanter Augenblick.
Das Erscheinen der Tante ist fantastisch. Karin Neuhäuser als reiche Tante aus Moskau erscheint in dekadenter Kleidung in dem Kurort Roulettenburg. Sehr zum Verdruss der restlichen Protagonisten, die allesamt hinter dem Erbe der Tante her sind. Alexej führt die Tante voller Ekstase und Nervosität in die Welt des Roulettes ein. Nach mehrfachem Setzten auf die Null, gewinnt sie achttausend Rubel. Der Zuschauer ist in den Bann der Tante gezogen, die mitfiebert, schreit, die Arme nach oben streckt und stets mit einem rauchig-, russischen Akzent um den Gewinn bittet.
Nach der Pause sitzen die Zuschauer wieder gesittet im Zuschauersaal. Die weißen Drehstühle sind leer. Auf der Bar stehend berichtet Alexej vom Rausch des vorigen Abends. Währenddessen regnet es Geldscheine. Für ihn verliert Polina an Bedeutung und er vergnügt sich in Paris. Diese Szene ist unglaublich, mit einer Windmaschine werden die Geldscheine aufgewirbelt und in Windeseile werden Szenen eines exzessiven Partyrausches dargestellt. Champagner, Geld und nackte Oberkörper die sich über das rote Laminat wälzen.
Grandioses Spiel der Schauspieler und wieder einmal eine sehr sehenswerte Inszenierung.
Isabell Dere, Rudolf-Steiner-Schule Nienstedten; Jg 13



Rien ne va plus. Herzlich Willkommen in Roulettenburg! Herzlich Willkommen im traurigen Leben vom spielsüchtigen Alexej. Regisseur Jan Bosse fasziniert mit einem Stück, das einen ungewöhnlichen Charakter aufweist: Modernstes Theater mit all seinen Facetten. Beginnend mit der Bühnenkonzeption lässt er die Zuschauer tiefer in das Geschehen eintauchen. Der Saal der Studiobühne in der Gausstraße wurde in ein scheinbar richtiges Casino verwandelt. Das Publikum nimmt auf drehbaren Sesseln rund um eine in der Raummitte befindlichen Bar Platz, die Schauspieler spielen praktisch zwischen den Zuschauern im Casino. Rundherum hängen glitzernde Vorhänge, welche passend zur Stimmung den Raum mit seinem weinroten Fußboden reflektierend beleuchten können. Alles glänzt, so aber nicht die Geschichte: In der fiktiven russischen Stadt arbeitet Alexej als Hauslehrer bei einem bankrotten General. Mit dem Besuch der Tante wittert dieser sein großes Erbe. Die Handlung bewegt sich zwischen Scheitern und Erfolg, dennoch schafft es der Regisseur, die Leichtigkeit des Stückes mit pointiertem Humor und Zuschauerinteraktion aufrechtzuerhalten. Je später der Abend, desto dramatischer die Geschichte rund um Liebe und Spielsucht. Nach der Pause wird das Publikum auf die Tribüne verschoben, sodass der Niedergang des Alexejs aus einer Distanz beobachtet werden kann. Sehr gut hat mir die atmosphärische Untermalung mittels Licht und Hintergrundmusik gefallen. Genauso wird den Zuschauern eine hervorragende Schauspielleistung geboten, wenngleich die Länge der Dialoge manchmal etwas zäh zu wirken vermag. Jedem, der alternatives, modernes Theater liebt, kann ich einen Besuch bei „Der Spieler“ wärmstens empfehlen!
Lucas Timm, Jahrgang 11, Elsa-Brändström-Schule Elmshorn