Rezensi
onen zu
Das achte Lebe
n (Für Brilka)

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100 Jahre, von Lenin bis Putin, sechs Generationen, eine Geschichte: Das Familienepos aus Georgien nimmt seinen Anfang im 20. Jahrhundert mit der Geburt Stasias und endet im 21. Jahrhundert mit ihrer Ururenkelin Brilka, die die Geschichte ihrer Familie, der Jaschis, kennenlernen will. Und so beginnt Brilkas Tante Niza zu erzählen: von Stasia, die eigentlich Tänzerin werden wollte, von der Dichterin Sopio Eristawi, deren Nachkommen den Jaschis sowohl in Liebe als auch in Eifersucht verbunden bleiben, von Stasias Schwester Christine, die für ihre Schönheit einen hohen Preis zahlen muss, von Kitty, Stasias Tochter, die in der Heimat alles verliert, aber im Exil mit ihrer Stimme weiterlebt, von Kostja, Kittys Bruder, der im System als Funktionär zurechtkommt, von Kostjas unliebsamer und aufständischer Tochter Elene, von Elenes Töchtern Niza und Daria, die wie ihre Väter sehr unterschiedlich sind. Zum Schluss erscheint Brilka, die tanzende Tochter Darias, der diese Geschichte gewidmet wurde.

Alle Familienmitglieder sind eng mit der Geschichte Georgiens verstrickt und so durchleben sie Zeiten der Revolutionen und Kriege, bitterster Verzweiflung und höchster Freuden. Symbolisch für diese blutige Zeit Georgiens schwebt über den Köpfen der Akteure der rote Teppich, passend mit den Köpfen Marx‘ und Stalins versehen. Bevor der Eiserne Vorhang (als roter Teppich dargestellt) fällt, bleibt dem Zuschauer keine Grausamkeit der damaligen Zeit erspart. So sind Knallkörper noch harmlos, verglichen zu Abtreibungen und Säureattacken. Während sich die Jaschis also durch den Terror quälen, marschieren die Soldaten im Gleichschritt auf der Leinwand. Danach ist man also wirklich wieder mittendrin in der Zeit der Diktatoren und des Kommunismus.

Währenddessen wird nicht nur blutige Historie vermittelt, sondern es wird gegen den Schrecken getanzt und gesungen. Gerade diese lichten und glücklichen Momente sind es, die den Charakteren Empathie verleihen und Trost schaffen in einer Epoche der Unsicherheit und Zerstörung. Dabei ist es auch dieser Kontrast zwischen Hoffnung und Verzweiflung, der der Familien-Saga erst die richtige Würze gibt: Gerade noch erfreuen sich Stasia und die Dichterin Sopio ihrer Liebe, da wird die freiheitsliebende Dissidentin Sopio auch schon verhaftet.

Dabei galt Umsetzung fürs Theater des gleichnamigen Romans von Nino Haratischwilli, eigentlich als „mission impossible“. Trotzdem hat sich Jette Steckel dieser Sisyphusarbeit angenommen und etwas geschaffen, was auf ironisch-realistische Weise die Tragödien und Freuden dieser georgischen Familie darstellt.

Dem Publikum wird so in knapp fünf Stunden fast 100 Jahre georgische Historie und die Tragödien aus sechs Generation der Familie Jaschi präsentiert. Alle, die einfache, leicht verständliche Kost erwarten, sind bei „Das achte Leben (für Brilka) fehl am Platz. Wer jedoch ein aufregendes Familienepos haben möchte, mit allen Turbulenzen der Zeit, dem wird nicht zu viel versprochen.
Max Markowski und Luise Lämmerhirt, Jahrgangsstufe 12, Leibniz Privatschule Elmshorn