Raina
ld Grebe: Volksm
usik

Mickie Krause? Andrea Berg? Lindenbaum? … HÄ?!

Zwei Dinge muss ich zunächst anmerken, bevor ich mit dem eigentlichen Thema des gestrigen Abends fortfahre:
1) Ich muss zugeben, dass ich, bevor ich in dieses Stück hineinging, noch nie etwas von Rainald Grebe gehört habe. Denn leider weise ich eine gewisse Ignoranz auf, was die deutsche Kabarett-Szene anbelangt (ja, Schande über mein Haupt). Ich kann mit Ach und Krach gerade mal drei Namen aufzählen, habe noch nie den Quatsch Comedy Club gesehen und konnte auch noch nie so wirklich über deutsche Komiker im Fernsehen lachen - vielleicht auch, weil in unserem Haushalt bei deutscher Comedy immer weitergeschaltet wurde. Ich habe den vietnamesischen Humor immer als sehr anders empfunden als den deutschen. Wir machen sehr ungerne politische Witze, sind dafür aber umso derber und lieben Situationskomik über alles. Otto Waalkes war für mich aber immer ein Highlight, der kommt meinem persönlichen Sinn für Humor eigentlich ziemlich nahe.
2) Neben dieser ersten Wissenslücke, beläuft sich mein deutsches volksmusikalisches Verständnis auf null. Zu den einzigen Kinderliedern, an die ich mich schwach aus meinen Grundschuljahren in Deutschland erinnern kann, gehören „Hänschen klein“ und „Drei Chinesen mit dem Kontrabass“. Ich finde, Kinderlieder sind dazu da, um sie mit anderen zu teilen. Daheim gab es einfach nie diese Möglichkeit. Und als junges Mädchen in der Fremde wuchs ich quasi ohne Kinderlieder auf.
Und so kam es an diesem Abend, dass ich zwei Stunden lang im Publikum saß und mich recht oft darüber wunderte, warum zur Hölle jetzt alle wieder schallend auflachten. Vielleicht hätte ich mich doch vorher intensiver informieren und vorbereiten sollen, dann hätte ich zumindest so tun können, als ob ich mit den anderen lachte. Kennen Sie das Gefühl, wenn jemand in der Gruppe einen Witz erzählt und alle finden es urkomisch, nur Sie wissen nicht so recht, wo denn die Pointe abgeblieben ist? – Ja, so ungefähr erging es mir. Mickie Krause? Andrea Berg? Lindenbaum? … HÄ?!
Während die meisten um mich herum anscheinend in ekstatischer Nostalgie schwelgten, war ich schwer damit beschäftigt, die Wortspiele von vor fünf Minuten zu dechiffrieren. Und hätte mir meine Nachbarin nicht zugeraunt, dass die meisten Liedtexte umgedichtet wurden, wäre mir der Unterschied nie aufgefallen. Ist das vielleicht gescheiterte Integration? Wie konnte all das nach 19 Jahren Aufenthalt, Schulbildung, Universitätsbesuch in Deutschland an mir dermaßen vorbeigehen, fragte ich mich unwillkürlich. Tröstlich empfand ich es, als ein Interview auf der Leinwand von jungen Menschen gezeigt wurde, die genau wie ich ratlos waren. Herr Grebe beweist hier sehr eindeutig, dass traditionelles Liedgut über Generationen weitergegeben werden. Solche Lieder werden heutzutage aber immer weniger besungen und verschwinden so langsam aus den Köpfen der Menschen, was mir zumindest zum Teil ihre Fremdheit erklärte.
Trotz meines Unwissens bezüglich populärer Musik hierzulande (auch gängige Ballermann-Hits und Fußball-Gesänge sind mir ein Rätsel) war es ein sehr erheiternder Abend. Fast fühlte ich mich dazugehörig, als ich mit den anderen Zuschauern zunächst zaghaft, dann doch bestimmt bei „Der Mond ist aufgegangen“ mitsingen konnte. Zum Glück wurde der Text eingeblendet! Und auch der größtenteils aus Migranten bestehende Laienchor spielte sehr überzeugend und sympathisch (Besonders Uwe war ein drolliger Blickfang) und hat zudem bewiesen: „Volksmusik kann heute sehr Vieles sein und ist im globalen Zeitalter von nationalen Fesseln befreit“ (HH Abendblatt).
Der Abend hat mir gezeigt, dass ich noch viel lernen muss, über diese Kultur, in der ich doch schon so lange verweile und mit der ich mich zukünftig intensiver beschäftigen muss und auch werde. Danke, Herr Grebe, für diesen heiteren und sympathischen Crashkurs in deutscher Liedkunst und Kultur.


Phuong Ngoc Nguyen Le, Studentin & Thalia Pfadfinderin Generation IV