Pressestim
men zu Die Nacht k
urz vor den
Wäldern

„Keine Minute lässt Heiko Raulin im Monolog „Die Nacht kurz vor den Wäldern“ Zweifel, dass er einen Kunstakt nachvollzieht. Er flaniert sozusagen im Straßenbild entlang der Linien des Textes von Bernard-Marie Koltès, stilisiert ihn zu einem körperlichen und verbalen Balanceakt zwischen den beiden Pfeiler der Garage im Thalia Gaußstraße. Er gleicht einem Seiltänzer auf dem Bordstein in einer dunklen Straßenecke, der schon mal vornüber in die Gosse fällt, sich aber aufrappelt und weiterläuft: ein Unbehauster, ein Fremder in seiner Haut und der Welt. Umso schärfer ist sein Blick: „Wir alle sind mehr oder weniger Fremde." [...] Heiko Raulin zeichnet in der szenischen Einrichtung des jungen Regisseurs Matthias Jochmann, Jahrgang 1987, das aktuelle Bild des flexiblen, äußerlich smarten, doch in seiner Existenz stets gefährdeten Global Player und bleibt auch als Performer im „Zwischenraum“. Schrittweise tastet er sich in die Figur, um sich dann wieder auf sich zurückzuziehen. Indem er zu ihrer Einsamkeit und Verzweiflung Distanz wahrt, verleiht er ihr eine unberechenbare Kraft.“ - Hamburger Abendblatt

Koltès fragmentarischer Monolog in der Garage des Thalia in der Gaußstraße [...] "Der Lohn ist ein Vogel, der davon flog und nicht mehr zurückkommt“, stellt der Fremde auf der Bühne fest. Damit zeichnet er das verzweifelte Bild eines Zurückgebliebenen, den die finanziellen Mittel und damit auch seine Unabhängigkeit verlassen haben. Denn Geld ist zwar nicht alles, doch es bedeutet zunächst einmal ein Dach, das vor dem Regen schützt. Und es heißt, von der Gesellschaft akzeptiert zu werden. Koltès Monolog handelt von einem Unbekannten, der auf der Suche nach einem Schlafplatz und nach einem Gesprächspartner ist. Der Text behandelt das Obdachlosendasein auf eine radikale Art und fragt, wie das Leben eines Heimatlosen, das Seelenleben eines Außenseiters, wirklich aussieht. Dabei wird dem Publikum vorgeführt, was im Alltag so unbemerkt an uns vorbeizieht. Heiko Raulin spielt die Rolle des Namenlosen in Anzug und Krawatte so intensiv, dass er am Ende des Abends schweißgebadet ist und wirklich wie vom Regen durchnässt auf der Bühne liegt. Er brüllt, flucht, starrt in die Leere und vollführt aberwitzige Tänzchen. Die Szenerie ist dabei auf das Wenigste beschränkt, der Monolog wird bildlich nur von einem Spiel aus Licht und Schatten begleitet. [...] Trotzdem wirkt alles sehr bedrohlich und unangenehm. Vielleicht ist es gerade das, was Koltès erreichen wollte. Vielleicht ist dieses verstörende Bild eine viel realistischere Beschreibung, als wir es wahrhaben wollen.“ - Szene Hamburg