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Pressestimmen zur Premiere in Hamburg am 3. März 2012 im Thalia Theater

 

„Keine Kirschbaumblüte. Kein großbürgerlicher Salon mit Samowar. Nur eine Reihe von Stühlen an der Rampe. Im leeren schwarzen Raum schweben weiße, verschieden große Leuchtkugeln. Sie erinnern an Gestirne oder Planeten, spenden mal mehr, mal weniger Licht. Ein kosmisches Bild hat Katrin Brack für Luk Percevals Spiel über die Liebe und den Tod nach Anton Tschechows letzter Komödie „Der Kirschgarten“ geschaffen. Mit der Hammondorgel im Hintergrund erinnert der Raum aber auch an einen Tanzsaal. In gewisser Weise inszenieren der Regisseur und der Choreograf Ted Stoffer auch einen Totentanz. […] Die Form des Tanztheaters ist ungewöhnlich, dennoch schlüssig aufgehend. In ihr spiegelt sich, in darstellerisch präzise ausgefeilter Zeichnung der Charaktere, der Tanz der gegenwärtigen Gesellschaft am Abgrund und der Kreislauf der Natur, die das Leben gibt und wieder zerstört.“ - Hamburger Abendblatt
 
„Jetzt kam am Hamburger Thalia Theater Luk Percevals wunderbar konzentrierte Version des Stücks heraus, die ihre Poesie aus einer trockenen Lakonie zieht, gänzlich unlarmoyant, ausgenüchtert und in der Figurenzeichnung von schönster, zugespitzten Genauigkeit. […] Weil Barbara Nüsse so eine große, lebenskluge Schauspielerin ist, kann sie es sich leisten, ihre Ranjewskaja immer wieder seltsam abwesend vor sich hin träumen zu lassen, ohne dass da eine Sekunde langweilig wäre. In diesem alt gewordenen Mädchengesicht, in den Erinnerungsschüben, in denen sie mit ungebrochener, unangekränkter Lebensfreude von ihrer verunglückten Liebe erzählt, gehen der Selbstgenuss, der Stolz auf das gelebte Leben und die leise Resignation darüber, dass die Luxusjahre jetzt wohl vorbei sind, eine berührende Verbindung ein. Wenn alle abgewirtschafteten Ex-Millionäre diese Gefühlskultur hätten, hätten der Kapitalismus und seine Krisen entscheidend mehr Stil.“ - Süddeutsche Zeitung

 

„Ja, Perveval nähert sich Tschechow im Rückgriff, dieser wird hier gleichsam zum Fortsetzer Becketts. Von der Zukunft erwartet in diesem „Kirschgarten“ niemand mehr etwas, jedenfalls nichts Gutes. Der Einzige, der davon mit Emphase spricht, ist ausgerechnet der Kaufmann Lopachin (nicht grobschlächtig, sondern windig: Tilo Werner), der hier zum Abwickler berufen ist. Seine vermeintliche Kulturleistung besteht darin, die feindliche Übernahme, die er selbst praktiziert, zu einem zwangsläufigen Akt des Fortschritts zu erklären. Jemand muss es ja tun, dann schon besser ich! Das erinnert mich an Gottfried Benn, der auf den Vorwurf, er sei doch ein Zyniker, antwortete: Nur die Großindustriellen und Banker seien noch Idealisten. […] Lopachin kann sich nur einen Weg aus der Existenzkrise vorstellen: Endlich handeln! „Die Zukunft haben wir doch selber in der Hand!“ – „Das ist Blödsinn!“, bekommt er bündig zur Antwort. Denn die Zerstörung des Kirschgartens ist ja ein Resultat menschlichen Handelns und keine Folge von Naturgewalten. Katrin Brack hat ein Bühnenbild geschaffen, das der Inszenierung den Mollton vorgibt – und ihn dann immer wieder in fast schon planetarisch zu nennenden Zuständen oszillieren lässt. Lauter Leuchtkörper verschiedener Größe und Strahlkraft, wie Planeten, die um das Gut der Ranjewskaja kreisen. Ein Kosmos, der auch ein Mikrokosmos ist.[…]Ist das nun eine Form von Wirklichkeitsflucht oder tiefere Einsicht, die sich bereits jenseits aller Illusionen befindet? Eine Welt zu Gewinnen und dabei seine Seele zu verlieren – das ist der Weg Lopachins, der Weg der Fortschrittsmaschine. Einwilligen in den Verlust der eigenen Welt, um die Seele zu retten – liegt darin die Rettung? Weder noch, so scheint es mir in dieser ebenso hoch poetischen wie wahrheitstiefen Inszenierung. […] Boris Groys ist dabei zum Zeugen bestellt: „Man mag alles, was man sieht, und lebt zufrieden. Das ist ein sehr altes Ideal, das die Imagination der Menschheit lange Zeit gefesselt hat. Die Hysterie und Aktivität des 20. Jahrhunderts haben dieses Ideal verdrängt“: Es klingt so fatalistisch, wie Perceval den „Kirschgarten“ auch inszeniert – was nicht heißt, dass es ihm an Realismus mangelt. Allerdings ist auch der Mythos des Sisyphus alt – und aus ihm erwächst der Geist der Revolte, die auch nicht zu verachten ist.“ - Theater der Zeit

 

„Tschechows letztes Stück behandelt den Zusammenfall von ökonomischer Krise und sozialem Niedergang, und weil dieses Verhältnis derzeit besonders virulent ist, hat der „Der Kirschgarten“ an deutschen Bühnen Hochkonjunktur. Doch wie vieles, was wie die Faust aufs Auge zu passen scheint, drohen die Inszenierungen langweilig zu werden, weil sie Bekanntes mit anderen Mitteln wiederholen. Dass es auch einen anderen aktuellen Zugang zu dem Stück gibt, ist in Luk Percevals Inszenierung zu erleben. […] Das dauert einige Minuten – kostbare Zeit, in der sich eine Atmosphäre herstellt und die es dem Publikum erlaubt, sich mit der Personage vertraut zu machen: Zehn Menschen, die sich irgendwie ähnlich sehen und doch denkbar unterschiedlich sind, die jeder für sich und zusammen doch die Miniatur einer Gesellschaft sind. Es ist dieses Verhältnis von Individuum und Masse, von Einzelnem und Gruppe, von Beziehungen und Querverbindungen, denen sich der Abend widmet. Das alles ist im Stück angelegt – nur dass dafür kein Garten, kein Haus, keine Rückkehr aus Paris, kein Abgang und kein Auftritt nötig ist. Nicht einmal der gesamte Text wird dafür gebraucht. Nicht alles ist an diesem Abend also so, wie es im Buche steht – und schon gar nicht so, wie es die aktuelle Krise angeblich erfordert. Denn allen voran Ranjewskaja verweigert sich dem "Fortschritt", wie er dem Macher Lopachin (Tilo Werner) vorschwebt, beharrlich. Dieses Beharrungsvermögen ist der Inszenierung aber nicht Anlass zur Kritik, sondern sie entdeckt darin eine soziale Qualität. Das zeigt sich eindrucksvoll am Ende, an dem zwar der Verkauf des Gutes, aber nicht die Abholzung des Kirschgartens steht. […]ier Mal hat Ranjewskaja an diesem Abend von dem Stein um ihren Hals gesprochen, der sie ins Verderben zieht. Und vier Mal hat sie gesagt, dass man sie, wenn der Kirschgarten verkauft wird, gleich mitverkaufen könne. Wenn es also der Tod war, dann kam er angekündigt, und wenn er es war, dann kam er denkbar würdig.“ - nachtkritik.de
 
„Bei Tschechow feiern die Großgrund- und Kirschgartenbesitzer ein rauschendes Fest, das davon ablenken soll, dass gerade ihr Land versteigert wird. Sie versuchen ihren Verlust zu verdrängen. Dieses Fest verlegt Perceval in einem Gemeindesaal mit Ballonlampen. In diesem aktuellen Universum der Arbeiterwohlfahrt findet nun ein Tanztee mit Alleinunterhalter an der Elektroorgel ( Lutz Krajenski) statt.“ - Die Welt

 
„Der „Kirschgarten“ wird zurzeit allerorts gespielt – als Probe aufs Exempel der gegenwärtigen Probleme. In der tat sind wirtschaftlicher Schlamassel und sozialer Niedergang in dem damals als Komödie bezeichneten Stück in frappierender Weise verknüpft. Kein Wort davon in der Hamburger Aufführung. Aber unausgesprochen ist die Krise da. Und das lautlos Virtuelle ist viel unheimlicher als die lautstarke Proklamation.“ - Lübecker Nachrichten

 

 

Pressestimmen zur Gastspielreise nach Russland im Oktober 2012

 

„„Was der Tod für einen Russen ist, ist das Lachen für einen Deutschen“ (...) Es gab viel Streit über die Inszenierungen, die im Rahmen des Baltic House Festivals gezeigt wurden. Und das ist keineswegs erstaunlich, denn es werden besonders ‚fortgeschrittene’ Regisseure Europas mit ihren teilweise schockierenden Inszenierungen eingeladen, die in der Lage sind, dem Publikum einen ganz anderen Blickwinkel auf die Umgebung zu vermitteln. [...] Die westlichen Regisseure sind längst dafür bekannt, dass sie mit unseren Klassikern sehr freizügig umgehen. Besonders oft trifft dabei das ‚Glück’ Anton Pawlovitsch Chechov, den in Europa wohl bekanntesten russischen Dramaturgen. Auf den ersten Blick sollte man stolz darauf sein, dass die Russische Literatur in Europa sehr angesagt ist und wir dadurch ein Kulturstaat bleiben. Tatsächlich ist alles aber ein wenig komplizierter. [...] Nimmt man den „Kirschgarten“ vom Hamburger Thalia Theater in der Regie von Luk Perceval, eine Inszenierung, die für großen Rummel im Publikum sorgte, so wird man feststellen, dass das Chechov-Stück für Regisseur als diejenige ‚Matrix’ fungiert, aus der ein ganz neues ‚Produkt’ entsteht. [...] Perceval wollte nicht das Geschehen nach Chechov erzählen [...], ihn hat etwas ganz anderes interessiert: Warum tun die Russen nichts, um ihr Familiennest zu retten? Warum gibt man so schnell auf? Warum ist man sogar bereit zusammen mit dem abgeholzten Garten zum Sterben, anstatt seinen Idealen nachzugeben? [...] Kann man behaupten, dass Perceval die russische Mentalität, die angeborene Faulheit, die Gewohnheit, nach dem Prinzip „mal sehen“ zu leben, verspottet? In gewisser Weise ja, weil die deutsche Pünktlichkeit sich nicht mit dem Verfall, dem hohen Gut der Gedanken, die keinen Gewinn bringen, aussöhnen kann. [...] Andererseits zeigt der Regisseur die Inszenierung auf allen europäischen Festivals und sein Kernziel liegt bestimmt nicht darin, den müßiggängigen Russen bloßzustellen. Aus meiner Sicht hat Perceval das Stück so komprimiert, um auch die europäischen und globalen Probleme ins Licht zu stellen: unbegrenzte Gleichgültigkeit, endloses Tummeln in der Virtualität, in einer Zeit, in der alles Zugrunde geht und der Mensch aufhört zu begreifen, was er tatsächlich ist. [...] Sterbende Gefühle, sterbende Kultur. Trotz Pariser Chansons gibt es keine Hoffnung auf eine mögliche Renaissance. Der Mond ist Zeuge des Ganzen – genau genommen viele Monddisken, hängend im kalten Raum der sehr ästhetischen Inszenierung, in welcher Chechovs Text als Quelle dient für die vom Regisseurs vorgenommenen Metamorphosen. Zahlreich und geglückt sind diese Metamorphosen in Hinblick auf die willenlosen Menschen, die ihr Leben nutzlos vergeuden.“ - Tribuna St. Petersburg, 22.10.2012, Lubov Lebedeva

 
„Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ (...) „Man glaubt, all diese frontalen, statischen Szenen, dieses wilde, aber sympathische ‚Tanzen der Provinz’ [...] schon mehrmals gesehen zu haben, aber irgendwie wird es nicht langweilig. [...] Im „Kirschgarten“ wirkt das Hermetische der Regie doppelt so stark, weil Perceval uns alle in die Tiefe des Verstandes Ranjevskajas versetzt, der mit Alzheimer befallen ist. Alle anderen sind nur das Personal, das ihrer Erinnerung dient. [...] Wohl kaum hat Luc Perceval über solch eine Assoziation nachgedacht, aber ist das nicht etwa das alte Mütterchen Europa, diese Ranjevskaja, mit der Dämmerung ihres Bewusstseins, mit ihrer Last in Form von Kultur und Vergangenheit? [...] Die Inszenierung klärt die Fragen: Was ist eigentlich „Der Kirschgarten“? Und hat er eine Existenzberechtigung in der modernen Gesellschaft? Denn er ist die Vergangenheit, er ist die Zeit selbst, die verlorene Zeit, wiedergeborene Zeit und sich verlierende Zeit, ab jetzt für immer.“ - St. Petersburg Theater Journal, 19.10.2012, Tatjana Dschurova

 

„Luc Perceval entblößt den „Kirschgarten (...) „Der Oberspielleiter des Thalia Theaters, der sich mit Texten frei umzugehen versteht, hat seinen eigenen „Kirschgarten“ geschrieben [...]. Die Darbietung ist zeitlich und räumlich zusammengepresst. Das ist keineswegs eine große, vierteilige Komödie über die letzten Tagen eines alten, russischen Landguts, sondern eine beunruhige Tragödie über die Erwartung des Endes. [...] Alles geschieht wie in einer Fieberfantasie oder einem Alptraum kurz vor dem Tod. [...] Gut möglich, dass diese Inszenierung weniger die Erinnerung der alten Frau an ihr eigenes Schicksal ist, als vielmehr die Erinnerung des Theaters an den „Kirschgarten“ von Chechov. Die Nostalgie der Hauptfigur multipliziert mit der Nostalgie der Geschichte ergibt ein kratzendes, brennendes Gefühl überwältigender Melancholie. Ein solches Gefühl ist wiederum die ideale Übereinstimmung mit der Poesie des wohl bekanntesten russischen Dramatikers.“ -Izvestiya St. Petersburg, 21.10.2012, Oleg Karmunin

 

„An der Grenze zur Groteske, Leichtsinnigkeit und altersbedingten Neurose spielt die ausgezeichnete deutsche Schauspielerin Barbara Nüsse im Stück „Der Kirschgarten“ in der Regie von Luc Perceval. Der bekannte Regisseur belgischer Herkunft war zum ersten Mal in Moskau. Sein „Othello“ und „Kirschgarten“ sind sehr lakonisch – wie Textversionen für Smartphones, geschaffen für die neue Welt. [...] Percevals „Kirschgarten“ ist keineswegs die Geschichte über die Verarmung alter russischer Landgüter. Er zieht die Rinde des Werkes bis zum nackten Baumstamm ab. Bis zur Hieroglyphe der Dramatik unserer Zeit. Jedoch ist das Spiel von Barbara Nüsse medizinischpräzise, gewaltig und menschlich; es beschattet die Diagnose wie ein Ausruf nach Mitleid.“ - Novaya Gazeta, 09.11.2012, Elena Diakova

 

„Der lang ersehnte Luc Perceval [...] erwies sich als gemäßigt provokativer, experimentfreudiger, aber keineswegs wiederholungsscheuer Regisseur. Er geht tatsächlich sehr brutal mit Textinhalten um, dafür zwingt er den Stücken keine radikalen Konzepte auf. So sieht sein „Othello“ im Gegensatz zu „King Lear“ in der Version von Konstantin Bogomolow sehr orthodox aus. Buchstaben ausgewechselt, bleibt er dem Geist des Stückes treu. Bei uns sind solche Künstler sehr beliebt und werden gut empfangen. [...] Neben dem sehr wohl traditionellen „Othello“ steht „Der Kirschgarten“ im Zeichen des wahren Experimentes. [...] Das Stück Percevals ist vom Gedankenweg sehr einfach. Die Kernidee des letzten dramatischen Meisterstückes von Chechov ist stark verkürzt und wie in einem Schulaufsatz dargestellt. [...] Der Interpretation von Luc Perceval nach zu urteilen, ist Chechov noch heute ein existentiell wichtiger Autor.“ - lenta.ru, 19.11.2012, Maria Zerchaninova

 

„Das Stanislawskij Festival ist sehr solide und tendiert ehe zum Akademismus als zur Avantgarde. Die Stücke von Luc Perceval fallen frech aus diesem respektablen Programm heraus. Sehr eigenwilligen Versionen von „Othello“ und „Der Kirschgarten“ wären eher im Kontext des NET Festivals – einem Festival der Ablehnung, der Herausforderung und des Experimentierens – angebracht gewesen. Das Publikum des Stanislavskij Festivals erwartet so etwas nicht. Darum haben sich bei der Aufführung vom „Kirschgarten“ diejenige gequält, die „Chechovschen Halbtöne“ erleben wollten. Doch dafür haben sich die Verehrer von Pina Bausch und Sasha Waltz gefreut. Perceval schätzt die absurde Logik des Tanz-Theaters sehr. [...] Die Abwesenheit der äußeren Effekte zieht die ganze Aufmerksamkeit nur auf das Schauspiel, ein sehr expressives, aber gefühlsfremdes Spiel. [...] In „Othello“, einem sehr hartem, herausforderndem Stück, geraten die menschlichen Leidenschaften außer Rand und Band.“- Kultura, 04.11.2012, Elena Gubaydulina

 

„Die Verehrer von Perceval in Moskau waren so exaltiert, dass man aus Gewohnheit die Enttäuschung erwartete. Aber diesmal war alles umgekehrt. [...] Erinnert euch an Puschkins Strophen: „Othello ist von Natur nicht sehnsüchtig, im Gegenteil: Er ist zutraulich.“ Das hat man uns mit seltener Aufrichtigkeit und Transparenz vorgespielt. [...] Der vieraktige „Kirschgarten“ dauert nur eineinhalb Stunden, aber die Kürzungen haben, wie auch im „Othello“, das Gedankengut nicht verfremdet, sondern die Motive des Regisseurs hervorgehoben. Das ist noch eine Jazz-Variation Percevals zum Thema Liebe und Tod. [...] Wir haben heute wunderbare Menschen und hochkarätige Schauspieler auf dieser Bühne gesehen!“ - Itogi, 29.10.2012, Maria Sedych

 

„Perceval ist ein ausgeprägter Vertreter des Postabsurden, ein harter und ein wenig kokettierender Nihilist, der immer wieder sagt, dass er mehr als alles andere im Leben fürchtet zu wiederholen. Und das hat er im Rahmen des Stanislavskij Festivals vollkommen bestätigt. Jeder, der „Othello“ und „Der Kirschgarten“ gesehen hat, konnte zu recht behaupten, es seien die Stücke zweier unterschiedlicher Regisseure. „Der Kirschgarten“ ist das anstrengende Spiel der Fantasie, ein aufdringliches Durchspielen sehr trivialer Situationen, mit Mangel an Elementen der Tragikomödie. „Othello“ ist die luftige Leichtigkeit selbst, wie die Handschrift eines Porträtisten der Renaissance, der sich auf der Suche nach geheimen Seiten des Daseins befindet. Das ist eine Art der Übertragung der Magie von Shakespeares Schrift. In gut zwei Stunden spielt sich vor den Augen der Zuschauer ein neues Leben in bezaubernder Form ab, mit der Geschwindigkeit eines Kugelblitzes. [...] Percevals Schauspieler bilden den Ausgleich zwischen der Vorstellung und dem Erleben dermaßen virtuos, dass Gedanken über unversöhnliche Gegensätze der russischen und deutschen Schauspielschulen sich als leeres Geschwätz erweisen.“ - Nezavisimaya Gazeta, 29.10.2012, Dr. Vladimir Kolyazin

 

„Ja! Genau so ein „Othello“ fehlte unserer Gesellschaft voller Heuchler: frech, skandalös, bestehend aus nicht politisch korrekten Witzen und frivolem Soldatenhumor. Als ob die Geschichte mit grober Sprache von Tarantino erzählt und von einem besoffenen Jazzman aus einem Hamburger Nightclub nachgesungen wurde. Perceval, ein wahrer Hooligan und Til Eulenspiegel des Theaters, ist mit seiner Jam-Session am richtigen Ort und in der richtigen Zeit gelandet. Flieht, ihr Heuchler, Scheinheilige und Nervensägen. [...] Die Inszenierung über innere Unfreiheit, die tödliche Abhängigkeit der Menschheit von Niedertracht und die ewige Angst vor Gemeinheiten ist absolut frei gestaltet. Die Schauspieler existieren sozusagen innerhalb eines elektrischen Stromes, ordnen sich seinem stürmischen Rhythmus unter und laden sich gegenseitig mit Energie auf. Sie können sich kaum verstecken – auf der Bühne gibt es kein pompöses Bühnenbild, keine teure Effekte. Die klirrende Leere der Bühne füllt sich nur mit Klavierklängen und der Energie der Schauspieler. Das Stück ist dadurch inhaltlich sehr dicht und intensiv. Gleichzeitig trifft es die Resonanz unserer Zeit, einer schrecklichen Zeit unverdeckter Grobheit. Shakespeare-Texte – umgeschriebene, mit einer anderen Sprache – haben so weder ihre Tragik noch Aktualität verloren.“ - The New Times, 29.10.2012, Xenia Larina

 

 

Pressestimmen zum Gastspiel in Perm, Russland im Oktober 2013

 

„Mir kommt der Gedanke, dass ich die Dialoge der Schauspieler verstehe, obwohl ich kein Deutsch kann.“ - Senat Perm
 
„Seit langer Zeit ist Perm durch eine beträchtliche Anzahl von bunten kulturellen Veranstaltungen und Festivals bekannt…Dieses Jahr gehörte zu den Highlights des Festivals die außergewöhnliche Inszenierung des Theaterstücks „Der Kirschgarten“ von Anton Tschechow in der Interpretation des berühmten flämischen Regisseurs Luk Perceval. Seine Aufführung des „Kirschgartens“ ist eine Art Jazz-Improvisation des allseits bekannten Stückes.“ - Nachrichtenagentur Itar-Tass