One Small Rad
io - Die heilige Ph
antasie

Mensch sein! Warum will das (noch) sprach- und geschlechtslose Wesen, was gerade die Bühne betreten hat, das überhaupt? Ein Mensch sein?

 

Maya Novesselska gehorcht zu Beginn der Stimme aus dem Off, die diese Frage an er/sie/es richtet und stellt in einer wilden Folge dar, was sich das Wesen unter „Mensch sein“ vorstellt. Noch spricht Sie nicht, sondern untermalt ihre Pantomime mit quakenden Entengeräuschen. In aufgebrachter Begeisterung quakt das Wesen „Essen“, „Krieg“, „Liebe“ ohne jedoch diese menschlichen Verhaltensweisen in eine Wert-Reihenfolge zu bringen. All das ist menschlich und damit zu diesem Zeitpunkt erstrebenswert für das Fabelwesen. Nachdem noch ein Gedicht, ein Lied und ein Tanz abgefordert und zusammengequakt sind, darf das enthusiastische Etwas, die Bühne der Welt als Mensch betreten.
Eine die Zuschauer verzaubernde Reise durch die menschliche (?), kindliche (?) Phantasie beginnt. In einzelnen kleinen Episoden werden unterschiedlichste Aspekte der menschlichen Existenz durchträumt. Mit Ihrem großartigen pantomimischen wie Gesangs-Talent schafft es die Schauspielerin Allem, von der großen romantischen Liebe bis hin zum Glühbirnenwechseln, seinen Platz im Menschsein einzuräumen.
Obwohl die Szenen meist urkomisch sind, vollkommen zu recht hat Novesselska den Beinamen „Chaplin im Rock“, mischt sich auch Nachdenkliches unter das Dargestellte. Der fundamentalen Einsamkeit der menschlichen Existenz wird die Heiligsprechung der Phantasie gegenübergestellt. Tragisches wird komisch und umgekehrt und spätestens als der (mittlerweile) Mensch beteuert, am liebsten aus Sprachen zu übersetzen, die er nicht beherrscht, weil man sich dann alles selbst ausdenken kann, ist mein Herz gewonnen.
Die Inszenierung behauptet, nichts sei dem Menschen so heilig wie seine eigenen Träume – nach dieser fantastischen Traumreise mag man nicht widersprechen.


Andreas Rosenthal