Pressestimmen
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„Das Theater ist voll bis auf den letzten Platz, die Premierengäste sitzen da und warten, aber das Licht geht nicht aus. Um 20 Uhr hätte es losgehen sollen und es vergehen gut zehn Minuten, bis vorne auf der Bühne etwas passiert. Der Intendant kommt auf die Bühne, die Arme verschränkt, der Gesichtsausdruck ernst. "Wir haben ein technisches Problem und die schlechte Nachricht ist: Wir haben es noch nicht gelöst. Wir wissen nicht, ob wir das Stück zeigen können. Es kann sein, dass wir während der Vorstellung abbrechen müssen. Aber wir wollen es versuchen." Das technische Problem bei der Premiere von "Don Quijote. Trip zwischen Welten" bestand darin, dass das Pult des Inspizienten ausgefallen war. Um es vorwegzunehmen: Die Premiere am vergangenen Wochenende musste nicht abgebrochen werden, das Hamburger Thalia-Theater hatte Glück. […] So konstruiert wie Don Quijotes Weltsicht ist auch die Inszenierung von Regisseur Stefan Pucher. Eine Geschichte wird nicht erzählt, dafür gibt es Beiträge von acht Autoren, die größtenteils eigens für diese Aufführung geschrieben und als szenisches Patchwork zusammengefügt wurden. Der rote Faden sind die beiden sehr guten Hauptdarsteller Jens Harzer (Don Quijote) und Bruno Cathomas (Sancho Panza). Außerdem halten die beiden Musiker Carsten "Erobique" Meyer und Ben Schadow den Abend mit ironischen musikalischen Kommentaren zusammen.“ - taz
 
„Puchers Projekt „Quijote“, das wie sein Andersen-Projekt 2010 am selben Ort den Untertitel „Trip zwischen den Welten“ trägt und deswegen die Gegenwartsfrage zu stellen verspricht, basiert dagegen auf einem Interpretations-Experiment. Diverse zeitgenössische Autoren haben Texte zum Thema des Cervantes-Romans geschrieben, die Oucher zu einer Szenenfolge mit Musik kompiliert. Auf einer wirklich trickreichen Drehbühne mit diversen Spiegel- und Projektionsflächen von Barbara Ehnes entwickelt sich aus diesem Ansatz die große Abwechslung. Videosequenzen von Chris Kondek öffnen den Raum in das New York der Siebziger, deutsche Parks und Fußgängerzonen und in das Innere von Quijotes Schädel. Bizarre Kostüme von Annabelle Witt lassen Orson Welles und eine lebende Kreuzwinkelmadonna, Ritter der Kokosnuss und treuäugige Pferdchen auftreten, und Carsten „Erobique“ Meyer und Ben Schadow, kostümiert als mexikanisches Ukulelen-Orchester mit Vollbärten, singen dazu große amerikanische Poplieder langsam in wörtlicher Übersetzung. Das ist ästhetisch beeindruckend, wirklich moderne Unterhaltung und mit einer Schlagzahl arrangiert, dass Langeweile nicht aufkommen kann.“ - Süddeutsche Zeitung

 
„Zu Stefan Puchers „Quijote. Trip zwischen Welten“, einem „Projekt nach Miguel de Cervantes“ mit dramatisierten Romanpassagen, haben fünf Autoren – Jörg Albrecht, Diedrich Diederichsen, Roland Schimmelpfennig, Ginka Steinwachs und Juli Zeh – zusätzliche Texte geschrieben. Pucher jedoch begnügt sich bei der szenischen Umsetzung mit seiner schlechten, alten popkulturellen Ironie und feiert Quijote einerseits als bizarre Ikone der Freiheit, lässt ihn andererseits wie einen verklemmten Besserwisser kauzig vor sich hin lamentieren. “ - Frankfurter Allgemeine Zeitung
 
„Dieser Abend ist ein Trip. „Don Quijote. Trip zwischen Welten“ hat ihn sein Regisseur Stefan Pucher genannt. Unter demselben Label hat er auch schon den Dichter Hans Christian Andersen untersucht. Selbst die Pannen dieser Premiere am Hamburger Thalia Theater passten wie die Faust ins Gesicht, mit der sich Jens Harzer als Ritter von der traurigen Gestakt die nicht platzen wollende Blutkapsel zwischen seinen Zähnen zerschlug. Er wurde – ungelogen – zum großen, feierlichen und hinreißenden Triumph des Theaters. Ein Spiegel unserer Zeit, unserer Sehnsucht, unserer Verzweiflung und Hoffnung. […] Harzer spielt den Quijote mit einer sanften, anfälligen und gleichwohl pastoral schnurrenden Stimme, unermüdlich und wider die Vernunft bekämpft er den Verlust ritterlicher Werte „in diesen finsteren Zeiten“, und schon sind wir in der Gegenwart. […] Dem sanften Ritter zur Seite steht ein Fels: Bruno Cathomas mit ausgestelltem Schmerbauch als Sancho Panza, der ebenso trotzdem in der Welt steht wie sein Herr – der einzige, an dem er sich festhalten kann, und umgekehrt. […] Stefan Pucher hatte die geniale Idee, verschiedene zeitgenössische Autoren von Jörg Albrecht bis Juli Zeh um einen Beitrag für das Stück zu bitten. Und ihm gelingt das Wunder, mit seiner assoziativen, den Zufall in Kauf nehmenden Regie höchst unterschiedliche Textsorten mit Auszügen des Originals zu verschmelzen. Cervantes mischt sich mit Jonathan Meese, Diedrich Diederichsen mit Roland Schimmelpfennig und Franz Kafka, dazu kreisen lustig die Bilder. Es ist die uns allen vertraute, zugleich verstörende und ruhig dahinfließende Arbeit des Traums. Als Fleisch gewordene Rezeptionsfiguren der Autoren wirbeln Gabriela Maria Schmeide als Operndiva einer Bürgerinitiative gegen einen Windmühlenpark über die Bühne, Birte Schnöink als Pferd und traurige Möglichkeit einer Dulcinea, die Don Quijote in Amerika in die Psychiatrie schickt, Daniel Lommatzsch mit einer sprachphilosophisch-kabarettistischen Glanzleistung und Patrycia Ziolkowska als unnahbare, prächtige spanische Madonna, die mit Ginka Steinwachs` Worten ein Bild wieder wachruft, das wir am Anfang atemlos im Video gesehen haben. Da schneidet ein Skalpell in einen Kopf, Blut quillt, Finger wühlen darin, bis sich gnädig der Film eines reitenden Comic-Don Quijote darüber legt. „Das Theater bildet ja nicht nur ab. Keine Paraphrase. Es steckt den Finger in die Wunde, kritisiert und utopiert.“ - Frankfurter Rundschau


„Es ist selten ein gutes Zeichen, wenn der Intendant zum Vorstellungsbeginn für eine Ansage vor den Vorhang treten muss. Wenn er, wie der sichtlich schlecht gelaunte Joachim Lux vor der Thalia-Premiere von Stefan Puchers "Quijote", dann auch noch als Anekdote verkauft, dass Orson Welles über dem Versuch einer Verfilmung des Stoffes gestorben ist, schwant einem Übles. Und so schien es auch hier zunächst: Das Inspizientenpult war ausgefallen. Komplett. Unrettbar. "Wir wollen es trotzdem versuchen", sagte Lux unter dem motivierenden Applaus des Publikums und fügte hinzu: "Das ist keine Garantie für irgendwas. Die Schauspieler werden sich bemühen. So ist das Leben." Und im Grunde nahm der Abend spätestens an dieser Stelle, mit diesem Satz, seinen wunderbaren Lauf. So ist das Leben. Vor allem aber: So ist das Theater. So kann es sein. Eine jeden Abend einmalige, flüchtige, fantastische und dabei nie selbstverständliche Neuerfindung der Welt. Und welches Stück wäre hier passender als eben dieses "Quijote"-Projekt, eine von Regisseur Pucher kongenial zusammengeführte Collage nach Miguel de Cervantes mit Beiträgen von Roland Schimmelpfennig, Juli Zeh, Jonathan Meese und anderen, das ja schon im Untertitel genau das sein will: ein "Trip zwischen den Welten". Zwischen Ritterroman und Gegenwartsessay. Zwischen Ideal und Realität. Mit Don Quijote, diesem versponnenen Freidenker und zutiefst sympathischen Charakter, als euphorischem Reiseleiter, der - wie sein Publikum - zur allzu bereit ist (wenigstens für eine bestimmte Zeit), eine andere Wahrhaftigkeit zu akzeptieren oder gleich selbst zu kreieren, sich verführen und bezaubern zu lassen. Jens Harzer, ohnehin gesegnet mit einer raren Kombination aus Feinsinnigkeit und enormer Bühnenpräsenz, zeigt den schlaksigen Ritter in seiner Klapperrüstung mit innerem Strahlen und beneidenswertem Grundoptimismus: "Ritter bin ich, Ritter bleibe ich, und als Ritter sterbe ich. Wenn überhaupt." Bruno Cathomas ist im Jonathan-Meese-Zottel-Look als sein pragmatischer Kumpel Sancho Panza zuständig für die Erdung des Junkers, lässt dem Kollegen aber vor allem fürsorglich seinen Raum. […] Wer braucht da ein Inspizientenpult? Man geht beseelt aus dem Theater, nimmt Jens Harzers inneres Strahlen mit hinaus in die kalte Nacht und weiß, warum man so verliebt ist ins Theater. Oder eigentlich: Egal warum. Nur gut, dass.“ - Hamburger Abendblatt


„Der begnadete Jens "Kopf" Harzer als Don Quijote und umwerfende Bruno "Bauch" Cathomas als Sancho Panza durchlitten ein hin- und mitreißendes Multimedia-Performance-Abenteuer. Mit dem Untertitel "Trip zwischen Welten" versprach Pucher erneut Theater als Designerdroge - und löste sein Versprechen berauschend schön ein. Haupt- und Nebenwirkungen sind schwer zu trennen und reichen von ästhetischer Bewusstseinserweiterung über kalkulierten Wirklichkeitsverlust bis hin zu lyrischer Euphorie. Los geht die Abenteuerreise im verwinkelten Bühnenbild mit mehreren realen, vielen virtuellen und zwei Projektionsebenen, die Videos von Menschen auf ihren täglichen Großstadtreisen zeigen - auf Bahnhöfen oder in der U-Bahn. Der mobile Don, eisern gerüstet und sein ihn stützender, schweigender Sancho schleppen sich davor, ob der Anstrengung schon mal strauchelnd, das Gebiss wieder in den Mund schiebend, hungernd durch die Welt, ihr Schicksal nicht achtend. Harzers herrlich hager-stolzer Quijote: "Ich bin Antirealist. Ich bin an der Wirklichkeit zu null Komma null Prozent interessiert". Sancho isst derweil den eigenen Hut. Dazu schwingen beide große Reden. Don Quijote beschwört als Kontrast zum beschwerlichen Ritteralltaggroße Ideale wie die Ehre oder die platonische Liebe, während ihm mal Kotze, mal Blut aus dem geschundenen Munde sabbert. Sancho wandelt sich im Verlauf der Reise vom gläubigen Schweiger zum realistischen Redeschwall-Wasserfall. […] Hellwach hörten die Zuschauer den letzten Satz des Don Quijote, gesprochen von einer Holzrosinante als Pegasus am Bühnenhimmel, auf der er mit Sancho Panza entschwebt: "Ich glaube, wir sind nicht gemacht für diese Zeit."“ - Die Welt


„Jens Harzer, „Schauspieler des Jahres“, als Quijote und Bruno Cathomas als Sancho Panza stehen meisterlich im Brennpunkt. Wenn Klasse-Darsteller wie Patrycia Ziolkowska, Birte Schnöink, Gabriela Maria Schmeide und Daniel Lommatzsch nur kleine Rollen spielen, zeigt das vor allem den Überfluss an Talent im Ensemble. […] MOPO-Fazit: Vollblut-Theater für alle Sinne: Klug, aufregend, außergewöhnlich.“ - Hamburger Morgenpost

„Was ist denn Wirklichkeit? Und was Wahn?  - Verrücktheit? Heißt das nicht auch Freiheit? Des Denkens? Fragens? Spielens? Das ist das Thema dieses Abends, der all das auf wunderbare Weise vorführt – Denken, Fragen, Spielen. Und es  gelingt großartig. Zu erleben ist ein Gesamtkunstwerk. Es gibt Musik - Carsten Erobique Meyer und Ben Schadow interpretieren als spanische Toreros verkleidet hinreißend den ein wie anderen Popsong, es gibt Videoprojektionen – zu sehen sind Großstadtszenarien, das Occupy-Camp in Hamburg oder  auch eine geöffnete Schädeldecke, die Quijote als reitenden Trickfilmhelden freilegt,  es gibt aktuelle Texte zum Beispiel von Juli Zeh  – Gabriela Maria Schmeide kämpft fulminant als Wutbürgerin gegen einen Windpark  und  es gibt vor allem  Bruno Cathomas und Jens Harzer. […] Einen Abend lang werden hier berauschend wie berückend Träumer und Idealisten, Künstler und die Kunst gefeiert. Nach den zwei Stunden ist man bereit, den Kampf mit jeder Windmühle aufzunehmen.“ - SWR2

„Das Inspizientenpult ist defekt, der theaterinterne Aufnahmeleiter damit außer Gefecht gesetzt. Intendant Joachim Lux spricht ein paar erklärende Worte vor dem Eisernen Vorhang, bittet um Verständnis, warnt vor etwaigen technischen Ungenauigkeiten und lässt die Vorstellung (dennoch) beginnen. Und sie scheitert nicht. Dass hinter den Kulissen während der folgenden zwei Stunden ein organisatorisches Meisterwerk stattfindet, muss man sich regelmäßig in Erinnerung rufen, denn auf der Bühne dreht und flimmert es ungemein bunt und reibungslos. Insekt, Ufo, Bienenwabe? Barbara Ehnes hat ein höchst eigenartiges und absolut bemerkenswertes Bühnenbild entworfen. Seine bizarre geometrische Form erinnert an landläufige Ufo-Darstellungen. Es könnte aber auch eine überdimensionale Bienenwabe, ein kubistisches Haus oder ein riesiges Insekt sein, das hier zwischengelandet ist. Drumherum winden sich Ecken, Kanten, Nischen und Treppen. Helles Holz wechselt sich ab mit Glas- Licht- und Spiegelflächen. Das Bühnenbild wirkt zunächst sperrig, seine Ästhetik befremdlich. Und doch erweist es sich im Laufe des Abends mehr und mehr als eine wundervolle, absolut spielfreudige Fläche. Es ist ein klug konstruierter, sich drehender Außen-Innen-Raum, der sowohl die wiederkehrenden, kunstvoll-charmanten Videoprojektionen von Chris Kondek trägt als auch die beiden Musiker Carsten "Erobique" Meyer und Ben Schadow. Diese thronen in glitzernden Mariachi-Kostümen samt Sombrero (Kostüme: Annabelle Witt) auf der Bühne. […] Stefan Pucher gelingt ein sehr assoziativer, sinnlicher Abend, der Video, Musik und Schauspiel zu einem geschmeidigen Gesamtkunstwerk vereint. Mit Westernromantik, fliegenden Pferden und großartigen Schauspielern.“ - Nachtkritik.de

„Regisseur Pucher fährt reichlich auf: Mit einer ausgeklügelten Lichtdramaturgie, mit zahlreichen Videos und zwei Musikern, die das Geschehen durch Songs kommentieren. Carsten „Erobique“ Meyer, der schon beim Andersen-Projekt dabei war, und Ben Schadow sehen in ihren Kostümen und mit übergroßen Hüten aus wie Karikaturen mexikanischer Mariachi-Musiker, doch dessen ungeachtet singen sie einige wunderbare kleine Popsongs mit deutschen Texten. Doch, was soll`s: Spanien, Mexiko, Deutschland – Don Quijote ist eh ein Weltstar. Und Jens Harzer, 2011 von Kritikern der Zeitschrift „theater heute“ zum Schauspieler des Jahres gewählt, spielt ihn als herzergreifenden, witzigen, nervigen, bemitleidenswerten Ritter. Dieser dürre Kerl, der Windmühlen für Riesen hält und Schafsherden für Kriegsheere, ist von sanftem Irrsinn – und einer, der sich, wie er sagt, bewusst für die Verrücktheit entschieden hat. Realist sein, das kann schließlich jeder. Ein ums andere Mal legt er diese Weltsicht dem treuen Knappen Sancho Panza dar. Bruno Cathomas hat zwar nicht viel zu sagen, doch sein Augenrollen, sein Schulterzucken und sein Kopfschütteln sind durchweg beredt – und ein prima Kontrast zum überdrehten, übersprudelnden Redefluss Harzers. […] Aufwendig, aber unangestrengt bringen Stefan Pucher und sein Team (Bühne: Barbara Ehnes, Kostüme: Annabelle Witt, Video: Chris Kondek) die vielen Einfälle zu Don Quijote in zwei wunderbaren Stunden zusammen. Für diese furiose Uraufführung dankte das Publikum mit tosendem Applaus.“ - Hannoversche Allgemeine Zeitung

„Regisseur Stefan Pucher ist bekannt für seine Poptheater-Inszenierungen. Nun hat er sich an Don Quijote gewagt und zeigt sein herausragendes Projekt am Thalia Theater Hamburg. […] Alle Macht der Fantasie: Das ist der rote Faden dieses bildmächtigen Stücks […]. Keine Romanadaption, sondern Assoziationen und Reflexionen über den Mythos Don Quijote, geschrieben von namhaften Autoren wie Roland Schimmelpfennig oder Juli Zeh. Wunderbar komisch: Nicht der Ritter selbst kämpft gegen Windmühlen, sondern eine Wutbürgerin. Brillant sind Jens Harzer und Bruno Cathomas als schrulliges Dream-Team: Der wirrköpfige Ritter wird vom bauernschlauen Diener immer wieder mit der Realität konfrontiert. […] Ein echter Trip. Und ein opulenter Bilderreigen. Don Quijote goes Pop: absolut sehenswert.“ - NDR.de