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Pressestimmen zur Premiere in Hamburg am 22. Oktober 2011

 

„Unter Dutzenden von symbolisch aus dem Bühnenhimmel herabbaumelnden Tischen, watend durch ein Meer von Soldatenstiefeln, ist der Macbeth der Ruhrtriennale in der Regie von Luk Perceval am Thalia Theater angekommen. In doppelter Hinsicht. Schauspieler Bruno Cathomas verleiht dem grausamsten der das Publikum zur Identifikation einladenden Shakespearehelden leicht autistische Züge, zwingt jeden halbwegs fantasiebegabten Zuschauer gedanklich zum Mitmorden. [...] Schauspielerin Maja Schöne wächst als Lady Macbeth über sich hinaus.“ - Die Welt

 

„Eindringlich und fesselnd ist Luk Percevals "Macbeth" am Thalia-Theater. (...) Bruno Cathomas gibt den Macbeth als verstörten, beinahe autistischen Kriegsheimkehrer zwischen Apathie und Aggression. Ein Klotz, oft nicht ansprechbar, dann wieder explosiv, rachsüchtig, besessen. Dass er seine Hände mit Blut befleckt, sieht man nicht. Nur einmal, als ihm Wein eingeschenkt wird, mehr und immer mehr über das längst volle Glas hinaus, läuft der rote Saft über seine Hände und lässt ihn beschmutzt zurück. Seine Lady Macbeth spielt Maja Schöne mit Sinnlichkeit und Temperament. Beide sind durch unbedingte Liebe verknüpft, aber durch ihre Kinderlosigkeit traumatisiert. Nähe entsteht bei ihnen durch das gemeinsame Töten.[...] Das, was männlich und weiblich ist, verliert hier seine Differenz. Und beide sind sie auch über den Unterschied von Gut und Böse hinaus. Ihre Strafe aber ist die innere, die seelische Zerrüttung. Jede äußerlich angewandte Gewalt schafft innere Dämonen. Perceval und sein Ensemble haben sich hier klug entschieden und zeigen kein Paar, dessen Liebe sich in Hass verwandelt, oder auch Mann und Frau, die gegeneinander operieren. [...] Einer furchtbaren Tat folgt der furchtbare Absturz ins Nichts. Denn nicht die Morde, das Töten der anderen, stehen im Mittelpunkt des Dramas, sondern die Selbstzerstörung.[...] Luk Perceval zeigt eine strenge, sehr eindringliche Interpretation des Stückes [...]. Unterhaltsam ist das Thema natürlich nicht. Doch ungeheuer fesselnd. [...] Im Zuschauerraum war's mucksmäuschenstill, wie bei einem Kammerspiel. [...] Eindringlich, überzeugend, aber nicht unanstrengend ist dieser Abend. Die Schauspieler wurden heftig gefeiert.“ - Hamburger Abendblatt

 

„Intensiv: „Macbeth“ am Thalia-Theater (...) Einen klaustrophobischeren „Macbeth“ hat es wohl noch nicht gegeben. Das Stück konzentriert sich voll auf Macbeth und seine Lady. Die Shakespeare-Tragödie ist hier vor allem ein Beziehungsdrama: Bruno Cathomas und Maja Schöne bewegen sich mit großer Intensität schnurstracks auf den Abgrund zu. Mit seiner atmosphärisch unglaublich dichten Inszenierung spaltet Regisseur Perceval das Publikum: Buhs und Bravos hielten sich bei der Premiere die Waage.“ - Hamburger Morgenpost

 

„Ein Nachtstück der Seele im Halbdunkel des von Annette Kurz groß und großartig gestalteten Bühnenraum. Ganz im Mittelpunkt: Bruno Cathomas als Macbeth, eine Figur, die dasteht wie eine monolithische Statue, äußerlich scheinbar unbewegt, innerlich aber ein Vulkan. [...] Mehr Getriebener als Treibender, gewinnt dieser Macbeth beim Showdown eine Größe, die Cathomas hinwuchtet wie aus Stein gehauen. Ganz anders Maja Schöne als Lady Macbeth: tänzerisch fast, erotisch biegsam, zwischen Hysterie und Kalkül virtuos balancierend. Verführung auf Highheels. Herausragend auch der aus Lübeck stammende Thomas Niehaus in der Rolle des Lennox: eiskalt zum Erschaudern. [...] Beim letzten Tanz, den Macbeth und Lady Macbeth, in weiße Laken gehüllt, tanzen, stirbt die Gattin in den Armen des Gatten. Und dennoch tanzt sie eine Zeitlang noch weiter – als Tote. Theater der großen Gesten, das es so eigentlich längst nicht mehr gibt.“ - Lübecker Nachrichten

 

„Perceval setzt bis auf symbolische Gesten und Handlungen ganz auf die Sprache Shakespeares (in der Übersetzung von Thomas Brasch). Und das ist äußerst intensiv. Hier ist einmal die Verwendung von Mikroports [...] sinnvoll. Wir erleben das blutige kriegerische Drama nämlich als einen inneren Monolog von Macbeth und der Lady. [...] Und das wird durch zwei hervorragende, sprachgenaue Interpreten zum Ereignis: Bruno Cathomas und Maja Schöne. Durch ihre Sprachkunst wird deutlich, dass es nicht Macht- und Blutrausch sind, die sie zu ihren Untaten treiben, sondern die große innere Leere, die Furcht, das Leben zu verpassen. [...] Perceval macht es den Zuschauern sehr schwer, denn er fordert höchste Konzentration und Verzicht auf Erwartungshaltungen. Belohnt wird man mit 100 Minuten Sprach- und Sprechkunstwerk.“ - Evangelische Zeitung

 

Pressestimmen zur Premiere im Rahmen der Ruhrtriennale 2011

 

„Bruno Cathomas ist das Gravitationszentrum dieser Inszenierung, ein Titelheld, der den Namen verdient. […] Es ist das Verdienst der Inszenierung, dass sie formale Klarheit bemüht, um das Unklare dieses kapitalen Kopfes herauszustellen. […] Luk Perceval zeigt „Macbeth“ als Drama des verpassten Moments. Er wolle mit Banquo „über alles sprechen“, kündigt Macbeth früh an, „wenn Zeit ist und die Zwischenzeit vorbei“. Die Zeit kommt aber nie. Und mit ihr auch kein Rat. Nur in ewiger Zeitlupe gedehnte Ratlosigkeit. Das aber eben ist kein Versehen dieses Abends, sondern sein stiller Triumph.“ - Die Welt

 

„Indem Macbeth Leben zerstört, behauptet der von Angst getriebene Held seinen eigenen Überlebenswillen. Das, so der Regisseur im Programmheft, sei „die antibuddhistische Haltung von Macbeth“. So absichtsvoll dies als Tribut an das Motto „Die Suche nach dem Jetzt“, unter dem sich die Ruhrtriennale in diesem Jahr dem Buddhismus zuwendet, erscheinen mag, so sehr erwächst daraus eine stimmige und emotional intensive Inszenierung. Es dauert lange, ehe Lady Macbeth ihren Mann erst aus der Sprachlosigkeit, dann aus der Schockstarre gelöst hat. Und sofort kippt die Party in ein düsteres Seelendrama, in eine Erkundung des Vor- und Unbewussten. Die Regie, die mit sieben Darstellern auskommt, aber dazu neun Hexen aufbietet, konzentriert sich ganz auf die seelischen Innenräume des Dramas und führt […]seine Hauptlinien in klaren, scharfen Konturen aus. […] Kein Blutrausch, keine Waffenschau, kein Hexenelixier. […] Der Monumentalist Luk Perceval […] hat sich zum ingeniösen Minimalisten gewandelt. Seine bildmächtige Inszenierung des „Macbeth“ […] ist kein Schloss, doch sein Schlüssel passt.“ - Frankfurter Allgemeine Zeitung

 

„Luk Perceval hat den großen Konflikt gewagt […] zwischen riesigem Raum und winzigen Menschen. […] In der Maschinenhalle Zweckel, einer morbid-schönen Industrie-Basilika von 1909, ist das Schottische Hochland eine stillgelegte Landschaft. Aus rund hundert Tischen hat Annette Kurz ein Gebirge in die Halle gebaut und den Boden mit Bergarbeiterstiefeln übersät. In dieser melancholischen Installation wird verharrt und geflüstert, als ginge es in „Macbeth“ um Pietät.“ - Süddeutsche Zeitung

 

„Das Publikum spendet nach der Premiere der Neuinszenierung bei der Ruhrtriennale in der ausverkauften Maschinenhalle Zweckel in Gladbeck langen Beifall. […] Die radikal verkürzte Fassung von Luk Perceval arbeitet heraus, dass weder Macbeth noch seine Frau in der Lage sind, die Verbrechen, die sie auf ihr Gewissen geladen haben, kaltblütig zu tragen. Sie scheitern in dieser Fassung mehr an ihrer Sensibilität als an ihren Gegnern. […] Das Spiel des Ensembles hat […] fesselnde Aspekte. […] Vor allem die großen Monologe kommen in ihrer Verdichtung klar über die Rampe.“ - dpa

 

„So spektakulär die Bühne auch aussehen mag, so geheimnisvoll ist die Ruhe, die sie transportiert. Kein Tisch wackelt, niemand stolpert über Schuhe, kein Weinglas fällt klirrend zu Boden. Tänzerinnen mit fußknöchellangen Haaren winden sich extrem verlangsamt und traumbildartig durch die Tischskulptur. Diese Hexen sprechen nicht, sie verkrampfen lediglich, wenn Macbeth Banquos Geist erscheint. Als wäre nicht genug Platz für alle in einem Hirn. Denn es sind ebensolche Kopfgeburten, Geschöpfe der Einbildungskraft, Gespenster der Angst.“ - Nachtkritik

 

„Perceval inszeniert Macbeth […] als einen Mann in Not, zuerst als stummen Kriegsheimkehrer, als schwermütigen Grübler, später als ängstlichen Schwarzseher. […] Bruno Cathomas und Maja Schöne bilden ein grandioses Gegensatzpaar: apathische Abgründigkeit trifft auf aggressive Anstachlerin. Das ist viel mehr Freud als Buddhismus, und ermöglicht großartige Bilder, vor allem misslingender Liebe. […] Luk Perceval erweist sich wieder als einer der intensivsten Theaterregisseure deutscher Sprache, der hier ein buddhistisches Ziel ganz sicher erreicht hat: Er nimmt uns die Angst vor der Stille.“ - Deutschlandfunk

 

„Wer Kriegsgeschrei und Waffenlärm erwartet, wird enttäuscht. Dieser „Macbeth“ ist verblüffend leise, entschleunigt, nach innen gerichtet. […] Die Mikroports der Schauspieler sind hier nicht leidiges Hilfs-, sondern raffiniert genutztes Stilmittel. Man spricht leise, flüstert, lässt uns beim Denken zuhören. […] Dieser „Macbeth“ ist nicht nur ein finsteres Nachtstück, sondern ein atemberaubendes Nachtgedankendrama aus dem Innern des Bösen. Erstaunlich, wie faszinierend das Dunkel in dieser Aufführung leuchten kann!“ - Wiener Zeitung

 

„Nun hat Luk Perceval alle vier großen Shakespeare-Tragödien inszeniert […], es ist einer der großen Shakepeare-Zyklen unserer Zeit. Percevals Shakespeare ist kein Elisabethaner und nicht unser Zeitgenosse. Er ist ein Maler finsterer Archetypen, verdrängter Seelenzustände, brummender Urängste. Perceval geht zu Shakespeare, um unsere Angst vor uns selber noch einmal hervorzuholen. […] Die Maschinenhalle in Gladbeck Zweckel, vom Beginn des letzten Jahrhunderts, ist neogotische Industriearchitektur, ein sakraler Maschinenraum sozusagen, heiliger Backstein. […] Einen riesigen Berg alter Tische hat Annette Kurz da aufgetürmt, dazu Gläser, Rotweinflaschen, ein Meer schwarzer Stiefel. Vor dem Fest, nach der Schlacht? Ein gigantisch-enigmatisches Denkbild.“ - Frankfurter Rundschau

 

„Ruhrtriennale goes Zen (...) Leere und Stille sind für Luk Perceval der Schlüssel für sein hochwirksames „Macbeth“-Konzentrat in der auratischen Maschinenhalle der Zeche Zweckel in Gladbeck, die Annette Kurz zu einer atemberaubenden Installation gemacht hat. […] Durch die Fenster zeichnet anfangs das Abendrot lange Schatten, später bestrahlt fahles Scheinwerferlicht die endzeitliche Szenerie.“ - Tageszeitung

 

„Mit Bruno Cathomas […] stellt Perceval einen robusten Macbeth auf die Bühne, keinen Kränkler, keinen zaghaften Verführten, sondern einen mannhaften Heerchef. Umso eindringlicher ist es mit anzusehen, wie er Opfer der eigenen Taten wird, zermalmt von der Maschinerie der Gewalt, in die er sich doch bewusst begab. Maja Schöne ist die stolze Strategin an seiner Seite. Auch sie spürt den Sog der Macht, hat Ehrgeiz, Eis im Blut, doch als Macbeth nicht umgehen kann mit seinen Taten, erträgt sie ihn nicht mehr. Längst weiß sie, dass ihr Streben nach der Krone hohl ist. […] Maja Schöne spielt das bezwingend und kostet die klugen Sätze Shakespeares aus. […] Wer sich darauf einlässt, erlebt einen ungemein introvertierten, innerlich bebenden Macbeth, den die Erinnerungen an das Töten plagen und die Angst vor den Morden, zu denen er sich verdammt fühlt. Am Ende kann er nur noch schreien. Und endgültig fällt die Nacht in die Maschinenhalle Zweckel.“ - Rheinische Post

 

„Lange vorher ausverkauft war die Premiere von Macbeth in der Maschinenhalle, inszeniert von Luk Perceval mit dem Thalia-Theater Hamburg. […] Die Bühnenbildnerin Annette Kurz schuf hier eine monumentale Kulisse für Mord und Totschlag. […] Man braucht eine Weile, bis man sich hinein denken kann in diese Inszenierung. Dann aber zieht sie den Zuschauer umso mehr in ihren Bann. […] Doch mit Macbeths Macht kommt auch der Wahn, dem seine Frau, Verbündete und Feindin zugleich, zuerst erliegt. Sie begeht Selbstmord. Tot hält Macbeth sie in seinen Armen. Ein Moment, der keinen der Gäste kalt lässt. […] Das Licht geht aus. Die ganze Halle liegt im Dunkel. Doch noch traut sich keiner, das zweistündige Schweigen zu brechen. […] Jubelrufe.“ - DerWesten