Chant down Babylon
Uribe und die Paramilitärs, oder: Wie Pablo Escobar den Hippopotamus nach Kolumbien brachte.
Das ist der Klang, der nachhallt, wenn Rosmery Geschichte erzählt. Es ist die Geschichte ihrer Heimat, die seit Jahren eher ekstatisch, denn meisterlich den Spagat zwischen Drogen, Gewalt und Guerilleros auf der einen und Cumbia, Gefühl und Empanadas auf der anderen Seite schafft. David interessiert sich da eher für die Schönheit – vornehmlich für die Schönheit der kolumbianischen Frauen; da ist kein Platz für Politik und Korruption, für den Niedergang des Landes unter dem Präsidenten Uribe, geschweige denn für die Nilpferde, die der Drogenbaron Pablo Escobar in seiner Maßlosigkeit auf seiner Ranch ansiedelte und die nun, nach seinem Tod, zu einer regelrechten Plage geworden sind.
Das alles kann nicht so viel mit dem Gericht zu tun haben, das wie Couscous aussieht und wie Couscous schmeckt, allerdings aus Alis türkischem Kochbuch stammt, das er ebenso wie das anatolische Sprichwort-Lexikon ständig mit sich herumzutragen scheint – Kısır heißt etwa so viel wie Unfruchtbarkeit. Nach dem Essen ist Ali allerdings nicht mehr Ali, sondern türkischstämmiger Integrationslehrer. Marie ist jetzt nicht länger Marie, sondern erst Rosmery, dann David und irgendwann wieder Rosmery. Ah, und wie schön ist es, David zu lauschen, wenn er von einem Deutschland phantasiert, das nicht länger „unter dem Integrationsproblem leidet“ und Ali uns an seiner Vision vom Ende der Sprachenvielfalt teilhaben lässt. Ist es falsch, wenn dann Bob Marley irgendwo in meinem Hirn sitzt und singt: „Chant down Babylon!“?
Ron Mieczkowski