Lange Nacht der W
eltreligionen. Hind
uismus – Bud
dhismus

 

Es ist unglaublich voll an diesem Abend im Thalia Theater. Komisch, die Vorstellungen sind doch oft ausverkauft, aber so gedrängt kam es mir noch nie vor. Als ich mich in Richtung Garderobe bewege, entdecke ich die Ursache für den Platzmangel: am Rand eines jeden Ganges ist ein Buffet aufgebaut. Das macht mir Hoffnung, denn auf dem Hinweg war mir schon ein wenig bange, wie ich eine „Lange Nacht der Weltreligionen“ überstehen soll, die schon um 18 Uhr beginnt. Ich werde mich also zwischendrin stärken können.

Um den Hinduismus und den Buddhismus soll es heute gehen. Letztes Jahr, als Judentum, Christentum und Islam vorgestellt wurden, war ich nicht dabei. Ich grübele kurz, welche Kombination von Religionen wohl nächstes Jahr dran ist und was überhaupt einen Glauben oder eine Weltanschauung als „Weltreligion“ qualifiziert, da betritt auch schon Joachim Lux mit Prof. Dr. Wolfram Weiße die Bühne und leitet den ersten Teil des Abends ein.

Im Hintergrund entdecke ich eine Art Spinnrad, mithilfe dessen sich offenbar ein Kaleidoskop, welches auf eine Wand im Bühnenraum projiziert wird, betätigen lässt. Immer wieder wird es im Laufe des Abends von einem der Schauspieler, die Texte rezitieren, in Bewegung gesetzt. Dann bleiben meine Augen auf zwei Damen hängen, welche sich, während uns ein Einblick in den Hinduismus gewährt wird, auf ihren Auftritt vorzubereiten scheinen. Es wird frisiert, geschminkt und geschmückt. Ich lausche interessiert den Vorträgen, Rezitationen und fremden Gesängen. Dann endlich tritt eine der Damen, Gudrun Märtins, in den Vordergrund und tanzt.

In der Pause komme ich ins Grübeln. Ich frage jemanden, ob das Kastensystem etwas mit dem Hinduismus zu tun hat. Soweit ich mich erinnere, stützt sich diese Einteilung der Gesellschaft auf die Religion, aber ich bin verunsichert, denn es fand heute Abend gar keine Erwähnung. Mein Begleiter antwortet, es sei doch egal, schließlich würden wir überall in Kasten leben – es heiße nur immer anders. Es ist wohl Zeit für eine Stärkung, ich freue mich über das köstliche Buffet – Mango-Joghurt-Creme als Dessert, da verpasse ich gerne die ersten paar Minuten zum Buddhismus.

Als ich in den Saal zurückkehre, hat es sich bereits merklich geleert. So eine lange Nacht ist schon relativ anstrengend, vielleicht sollte man sich auf eine Religion beschränken. Wieder höre ich Vorträge und lausche den Rezitationen und Gesängen in tibetischer Sprache. Ich bin entzückt über Großmeister Geshe Pema Samten, der eine beeindruckende Fröhlichkeit ausstrahlt und den Saal immer wieder zum Lachen bringt. Zum Ende hin widmen wir uns einer gemeinsamen Meditation, und obwohl ich schon sehr erschöpft bin und befürchte, ich könnte einschlafen, beschließe ich, mich darauf einzulassen. Leider werde ich von einigen Zuschauern aus meiner Reihe aus der Ruhe gerissen, die den Saal dann doch verlassen wollen.

Ich kann nicht mehr. Ich fahre nach Hause und beschließe für mich, dass ich lieber über Religionen, Philosophien und Weltanschauungen lese und mit anderen darüber spreche. Das heute waren zwar viele Eindrücke, aber ich habe nicht das Gefühl, etwas Entscheidendes über den Glauben erfahren zu haben. Vielmehr war es ein Einblick in verschiedene Aspekte zweier mir fremder Kulturen. Aber das ist ja ein Anfang, der neugierig machen kann auf mehr.


Katarina Ćurić