Lessing 2.
0 - Freiheit, Fre
undschaft, Facebook

Die etwas andere Lesung

 

Bereits am Eingang bemerkte ich das N-JOY Logo und musste darüber schmunzeln– Junges Radio in Kooperation mit dem Thalia Theater - der Hafen der Weißkopfseeadler. Kaum bin ich in der Zentrale bewundere ich die große Anzahl an jungen Leuten – Plätze sind rar und so kommt e, dass sogar einige spät eingetroffene Zuschauer ihren Platz an der Bar suchen und von dort zuschauen.
Als Bühne dient ein Podium auf dem ein Tisch aufgestellt ist mit allerlei Krimskrams – links neben der Bühne hängt ein N-JOY Plakat und rechts eine Leinwand. Charly, der Moderator, springt in den Raum – Dauerwelle, Schnurrbart, glänzendes Sakko mit Pailletten. Hinter ihm sein Freund Egge mit langen fettigen Haaren, dreckiger Kleidung, Kettenraucher und Dauerbiertrinker. Im Übrigen ersetzt der Egge den eingesperrten Kollegen Hagen, der nur durch einige Videosequenzen auf der Leinwand zu erkennen ist und der sieht nicht weniger lustig aus als die beiden anderen - Vokuhila Frisur, zugeknöpftes gelbes Poloshirt und eine rosa Stoffhose mit Bügelfalte. Modischer Gesellschaftsquerschnitt der Männer in den 80er Jahren? Der Moderator sprüht voller Enthusiasmus und erzählt von sich selbst, mehrmals erwähnt er N-JOY und erklärt den Anwesenden das Prinzip der „Lesung“.
„Man solle sich das bitte so wie in alten Kindertagen vorstellen, wo der eine etwas aufs Blatt schreibt, die Seite umknickt und es weitergibt, sodass man letzten Endes eine absurde Geschichte erhält.“ Diesmal jedoch ohne Blatt aber mit Internet: Auf Facebook konnte man auf der N-JOY Seite – seine 2 Sätze als Kommentar abgeben und zu guter Letzt hatte man eine amüsante Geschichte. Der Inhalt der Geschichte war jedoch zunächst ganz und gar nicht amüsant – das Wort Dunkelheit wiederholte sich in jedem 2 Satz, sowie Gefängnis, Tod und Schatten.
Jedoch je öfter das gesagt wurde desto lustiger schien es. Vorgelesen wurde es von Chris und Egge, die das ganze mit den kuriosesten Werkzeugen bildlich und musikalisch untermalten, sodass das Publikum ab und zu in ein lautes Gelächter fiel – auch ich fand mich hier und da mit Tränen in den Augen unterm Sitz wieder.
Das Thema Lessing und Freundschaft fand in der Geschichte keinen Platz, sodass man das unabhängig vorstellte – der eingesperrte Hagen machte sich z.B. Gedanken um die Existenz und Freundschaft. Wohlgemerkt gab er die Kommentare der User wieder wie „Freundschaft ist wenn zwei Körper eine Seele sind – also haben der Charly und Ich eine Seele… woah.“ Und Lessing fand während der Geschichte eine kleine Zuwendung von Egge in dem er vorlas was den Usern heute in den Sinn kommt, wenn es um Lessing geht: „Lessing ist heutzutage LESS interestING“, „ Lessing ist lässig“ usw. Was das über die Bildung heute aussagt ist offen dahingestellt. Der Abend war im Ganzen ein voller Erfolg, die Idee wurde von den Schauspielern äußerst unterhaltsam umgesetzt – Moderator Charly kann man am 14.2. nochmal wiedersehen in Charly Tuckers Datingshow!


Mustafa Pamirsad