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Melda Akbas: 'jung', 'grazil', 'fein' oder auch 'frisch' Eine Lesung von Melda Akbas im Thalia Gaußstraße (Garage)

 

Ich saß im Foyer des Thalia-Theaters in der Gaußstraße und war sehr gespannt auf die Lesung mit Melda Akbas. Ich malte mir aus, was sie uns wohl vorlesen und ob ich mich in ihren Geschichten wieder finden würde, denn wir hatten etwas gemeinsam: Einen türkischen Migrationshintergrund. Ich war ganz tief in Gedanken als ich urplötzlich, durch ein Läuten, aus meiner Gedankenwelt gerissen wurde. Eine männliche Stimme forderte uns höflich auf, ihr zur Lesung von Melda Akbas zu folgen. Wir gingen aus dem Foyer direkt in eine Garage. Die Garage des Theaters war genau nach meinem Geschmack – sie war rustikal und spartanisch eingerichtet und hatte diesen „Altona-Flair“. Ich fühlte mich wohl und konnte es kaum erwarten, dass die Lesung endlich begann.

In der kurzen Einleitung wurde dem Publikum mitgeteilt, dass drei Schülerinnen der Fritz-Schumacher-Schule (12. Klasse) einige Fragen an Melda Akbas vorbereitet hatten. Zudem setzten sich die Schülerinnen, die sich auf diese Lesung vorbereitet hatten, gemeinsam mit Melda vorne auf das Podium. Als die junge Autorin sich direkt vor das Publikum an ihren Tisch setzte, wurde es innerhalb von Sekunden ganz still und sie begann zu lesen. „Weine nicht, es kann nur besser werden“, mit diesem Satz begann ihre Lesung und im nächsten Satz erklärte sie gekonnt die Bedeutung ihres Namens: „'jung', 'grazil', 'fein' oder auch 'frisch'“, und genau diesen Eindruck machte sie auf mich. Sie laß aus ihrem Buch „So wie ich will – Mein Leben zwischen Moschee und Minirock“ und das bunt gemischte Publikum war wie gefesselt. Die Geschichten aus ihrem Leben wirkten sehr authentisch, wie ich finde. Sie erzählte von ihrer Familie, die 50 Personen umfasst, und von ihrer ersten Liebe Batuhan, dem Halb-Koreaner und Halb-Türken, oder wie sie ihn nannte „Batu“. Nach ca. 20 Minuten gab es die erste von insgesamt drei Pausen. Auf die spannenden Fragen der Abiturientinnen und der anderen Gäste antwortete die hübsche Türkin stets freundlich und mit einem Lächeln.

Sie entgegnete auf die Frage, ob ihre Eltern auch das Manuskript ihres Buches gelesen hätten, dass ihre Eltern gleich die fertige Version des Buches kennengelernt haben. Dass die Eltern erst das fertige Buch zu lesen bekamen, habe sie bewusst so gehalten, da sie verhindern wollte, dass es vorab Debatten über die Veröffentlichung des Buches innerhalb der Familie geben würde. Dass es zu solchen Diskussionen kommen würde, war ihr klar, da sie in dem Werk auch intime Details ihres Privatlebens preisgibt. Ihr Vater habe das Buch auf Grund solcher Details bis zum heutigen Tage noch nicht gelesen.

Einige der Leserinnen gaben an, dass sie Melda wegen ihres Mutes, so bedingungslos für ihre Freiheit einzustehen, als Vorbild ansähen. Melda reagierte auf diese Äußerungen geschmeichelt und ermutigte ihre Leserinnen, ebenso für ihre Freiheit zu kämpfen.

Gerade im Kontext der aktuellen Debatte, die in den Medien über das Thema Integration und im Speziellen auch über Freiheitswerte, geführt wird, fand ich es erfrischend, die unverstellte, ehrliche Stimme Melda Akbas‘ zu hören. Sie gibt den „Betroffenen“ eine eigene Stimme und bricht die Starre, die oftmals über dieser öffentlich geführten Diskussion liegt, dank ihrer Offenheit auf. Ich finde das Buch sehr lesenswert, da es authentische und keine eindimensionalen Eindrücke von der Situation eines jungen Menschen mit Migrationshintergrund liefert und so auch neue Perspektiven aufzeigt – als Diskussionsgrundlage, aber vor allem für junge Menschen in einer ähnlichen Lage.


Çağlar Eğer